Nach der Vertreibung

Ich hatte die letzten Seiten von Das maurische Spanien beendet, da drängte es mich, noch etwas daraus zu verwenden, den Almoraviden noch einen Epilog anzufügen. Und auch hier wieder – man würde es auch ohne diese Anmerkung verstehen, denke ich – mit Hinblick auf die unseligen Vereinigten Staaten von Amerika, deren Machthaber die weiße Rasse für überlegen halten.

Der Autor André Clot hebt den großen intellektuellen Beitrag der Muslime in seinem letzten Kapitel Was bleibt von Al-Andalus? hervor. Das ist etwas, das bleibt. Niemand jedoch spricht von den einfachen Moslems, die nach 1500 angegriffen, zur Taufe gezwungen oder außer Landes gejagt wurden. (Der Ausdruck »Reconquista«, der im Zitat vorkommt, meint die Rückeroberung Spaniens durch die Christen, die bereits um 1250 begann und 1492 mit den Fall Granadas abgeschlossen war. Die »Hidalgos« sind die niederen Adeligen, die Edelleute.)

Manche Autoren betonten ja, Spanien habe durch die Muslime einen Entwicklungsrückstand erfahren, der der Halbinsel zu schaffen machte. Clot ist der Ansicht, die Spanier hätten sich das selbst zuzuschreiben und begründet diese Meinung wie folgt:

Die Spanier der Oberschichten, die wohlhabenden Stadtbürger, Muslime eingeschlossen, lebten weitgehend von der Arbeitsleistung muslimischer Bauern. Als diese zum Verlassen des Landes gezwungen wurden, gerieten Grund und Boden samt der kunstvollen Bewässerungsanlagen in die Hände einer Bevölkerung, die nur geringe Erfahrungen mit landwirtschaftlichen Arbeiten hatte. Die intensiv mit der Reconquista beschäftigten Christen hatten diesem Bereich nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Sie begriffen sich in erster Linie als Kämpfer für eine, in ihren Augen, heilige Sache, und standen der niederen Arbeit auf dem Felde oft fremd gegenüber. 

Es war die Epoche, als das »Gold Amerikas« ins Land zu fließen begann, und das beschäftigte die stolzen Hidalgos mehr als die Urbarmachung der spanischen Böden. Die Krone richtete ihrerseits ihre ganze Aufmerksamkeit auf die »große« Außenpolitik und träumte von einer Herrschaft über Europa und die fünf Kontinente, und dabei vergrößerte sich der Abstand zwischen Spanien und den anderen europäischen Ländern. 

Die Vertreibung der Muslime stellte sich für die Landwirtschaft, das Handwerk, für die Entwicklung des Landes im allgemeinen als ein schlimmer Fehler heraus. Es sollte Jahrhunderte in Anspruch nehmen, bis dieser Rückstand wieder aufgeholt werden konnte.   

(André Clot, Das maurische Spanien, Albatros-Verlag Düsseldorf, S. 323/324. Die Hervorhebung ist von mir.)

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1492 hat man auch die Juden vertrieben, auch das eine unselige Maßnahme. Die ewig Vertriebenen siedelten sich also in Norditalien und Südfrankreich an und lebten und publizierten dort.

1948 wurden die Palästinenser vertrieben, 700.000 von ihnen, um den Staat Israel erstehen zu lassen. Diese armen Menschen zahlten für alles, was den Juden während Jahrhunderten durch europäische Bürger angetan wurde, die nie belangt wurden.

In den USA sind viele Emigranten untergetaucht, und, so viel man hört, wurden viele Früchte nicht geerntet, und Pflegeheime leiden unter Personalnot.

Heute hat man Maschinen, doch wenn sie keiner bedient, stehen sie still. Noch zwei Aufnahmen aus meiner damaligen Spanien-Reise im Frühjahr 2012:

 

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