Beschwingt

Im Stationen-Magazin des Bayerischen Fernsehens sagte DJ Ötzi: »Dann bin ich zum Singen gekommen und habe wieder einen Anker werfen können.« Kurz vorher hatte ich eine Mail der Amerikanerin Stacy Horn erhalten, der nimmermüden Propagandistin des Chor-Singens, die eine Mail an alle schickte, die sie je traf und bat, doch für ihr Anliegen zu werben. Mach ich gern.

Stacy hatte vergangenen Juli ihr Buch über das Glück beim gemeinsamen Singen herausgebracht, und auch darüber hatte ich gern geschrieben. Nun hat sie einen 13-minütigen Vortrag mit Lichtbildern gehalten, der am 3. Februar auf Youtube veröffentlicht wurde. Sie sprach über ihre persönliche Geschichte und wie sie durchs Singen glücklich wurde.  

Wenn ich Ciao von Lucio Dalla höre, singe ich natürlich auch immer mit, wenngleich alleine, aber durchaus laut. Wenn im dritten Stück der Bass kommt, muss ich dann rechtzeitig einsetzen: Non riesco a stare sveglio, che strada è questa qua?  Gestern sang ich natürlich mit Lucio Dalla What a Beautiful Day, den Titel gleich nach Là: l’aria fresca del mattino, ti fa sentire un bambino, und dann singt er auch noch la corsa dei ciclisti.  Die Fahrradtour. Und wie schön sie war!

Stacy erzählte aus ihrem Leben. Ich kenne nur ihren Blog Unbelievable! und ihr Bild. Auf dem Video steht sie plötzlich da und berichtet, wie es ihr einmal schlecht ging. Job verloren, sie trank, rauchte zu viel, ging immer mit den »wrong guys« ins Bett und so weiter. Dann entdeckte sie ihren Chor, und: »My whole world changed.« Ihre ganze Welt war verändert. Sie zitterte manchmal vor Seligkeit.  

Die Stimme sei ein Instrument wie eine Violine, meint Stacy. Singen an sich sei schon toll, doch es mit anderen zu tun, sei das Größte. »Deine Schwingungen, kombiniert mit den Schwingungen der anderen!« Nach einer Chorprobe fühlt sie sich immer besser. Gegen Ende des Vortrags wird Stacy Horn ehrlich: Im Leben sei ihr mehr schiefgegangen, als ihr gelungen sei, doch immer noch fühle sie sich nach einer Chorprobe besser.  (Bilder der Library of Congress, Washington D.C.: der Hampton Roads Glee Choir, 1918/20; unten der Chor der Flandreau Indian School, zw. 1909 u. 1932)

Sie liefert noch ein paar chemische Tatsachen – die Endorphine und andere Stoffe, die durchs Singen frei werden. Manchmal kommt es sogar zu einem »Singer’s High«, also zu einem Rauschzustand, vergleichbar mit dem »Runner’s High«, den Langstreckenläufer erleben. Stacy Horns Botschaft lässt sich in vier Worten zusammenfassen, die sie dann auch mit Begeisterung ausspricht: »Sing! Join a choir!« Singt und geht zu einem Chor!

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.