Geistige Getränke
Schon lange spukte das Thema der geistigen Getränke in meinem Kopf herum: die Frage, wie es zu dem Begriff kam. Dabei kam mir ein Buch zu Hilfe, das mir meine Schwester geschenkt hatte: Whisky. Marken aus der ganzen Welt. (Autor: Marc A. Hoffmann). Ich studierte also, wie man den Alkohol destilliert.
Gerste, Wasser, Hefe. Die Gerste wird geschrotet, mit heißem Wasser vermischt und verrührt, und was abfließt, ist die Maische. Der Autor: »Die Hefe benötigt Sauerstoff, die sie aus dem Zucker der Maische bezieht und dabei Alkohol und Kohlendioxid produziert.« Erhitzung. Eine Masse (wash) mit 5 bis 8 Prozent Alkoholgehalt entsteht. Nun wird das Zeug zum Kochen gebracht, das Wasser verdampft, und übrig bleibt – als Niederschlag in der Brennblase aus Kupfer – der Alkohol.
»Der Alkoholdampf wird dann aufgefangen und durch gezieltes Abkühlen wieder verflüssigt«, heißt es im Buch. Für die richtige Konzentration und den guten Geschmack muss der Brennmeister den richtigen Moment erwischen. Das Getränk fließt ab und wird abgefüllt – und dann reift es viele Jahre.
Whisky und alle Brände sind also ein Destilllat. Der Geist ist erst unsichtbar und wird dann wieder materialisiert. Es ist die Essenz. Quintessenz nannte die Alchemie des Mittelalters den Grund- oder Kernstoff, und auch Agrippa von Nettesheim zieht ihn heran. Der Geist ist der unsichtbare Träger des Geschehens. Man kann ihn herausholen und erkennen. Er wirkt und belebt.
Die heilige Theresa hat von Gottes Weinkeller gesprochen, die Sufis verwendeten Wein als Allegorie für Hingabe, und Trunkenheit war in religiösen Bewegungen immer ein Thema. Bei den Mandäern in Syrien und Persien vor unserer Zeitrechnung erlebte der Mystiker durch die Hingabe an das Göttliche die Trunkenheit, aber er war ja der, der recht hatte, er war der »nüchtern Trunkene«, während die anderen Verblendeten, die die Wahrheit nicht erkannt hatten, in ewiger dummer Trunkenheit lebten.
Der Geist ist jedenfalls gefährlich. Man verliert schnell den Kopf, er steigt einem zu Kopfe, man entfernt sich aus der menschlichen Gemeinschaft. Der Vergeistigte braucht einen kühlen Kopf, um sich unter allen Trunkenen zu behaupten. So ist es auch mit Alkohol, der Entsprechung des Geistes. Er ist gefährlich. Alkoholismus ist schwer zu heilen, da Alkohol den Körper abhängig macht. Hier braucht es wieder die »nüchterne Trunkenheit« des Mystikers, der auch ohne Whisky und Wein selig sein kann.