Freiheit ist ansteckend
Ein Plakat von Mercedes-Benz zeigt eine silberne, futuristisch anmutende Rennlimousine mit einem Spruch darunter: »Freiheit ist ansteckend.« Vor 200 Jahren hätte man das vielleicht auch verstanden. Eine Postkutsche wäre abgebildet worden mit zwei Zeilen aus einem Eichendorff-Gedicht: »Ach, wer da mitreisen könnte, / in dieser silbernen Vollmondnacht!«
Trotzdem ist es für mich ein befremdendes Freiheitsbild: ein rollender Bunker, in den man sich einschließt, um fünfhundert Kilometer zu fahren und dann auszusteigen an einem anderen Ort als dem, von dem man aufgebrochen ist. Klar, ist Autowerbung, man spielt mit Sehnsüchten, aber man weiß, dass viele das glauben.
Sie müssten also irgendwie die 100.000 Euro für dieses Luxusgerät aufbringen, und sogar Leute mit einem extrem lohnenden Job müssten ein Jahr nur für ihr Traumauto in die Arbeit gehen. Ist das etwa Freiheit? Es wäre Freiheit, die durch Unfreiheit erkauft wäre. Ist es Freiheit, in einem pfeilschnellen Panzer die Welt durch getönte Scheiben an sich vorbeifliegen zu sehen? Es ist eine aggressiv getönte Freiheit, die am ersten Stau zerschellt, wenn ich nicht die innere Freiheit habe, die Zeit zu ignorieren.
Dann, hat man das Auto, muss man auch noch Angst darum haben. Muss es volltanken. Und einladen kann man auch nicht viel. Was mache ich mit meinem Fahrrad? Ein Ständer auf der Heckklappe sieht einfach blöd aus. Aber für die Kreditkarte ist immer Platz. Mein Freiheitsbild wäre: halbnackt an Strand, Decke, Buch. Oder nur Decke. Oder nur im Sand liegen (Kreditkarte im Brustbeutel.)
am 23. April 2014 um 13:11 Uhr.
Lieber Manni,
das erinnert mich an die Geschichte von einem Mann, der aus der damaligen Sowjetunion geflohen war und an einem seiner ersten Tag in den USA in einem Supermarkt steht. Vor dem Regal mit den Slipeinlagen der Marke FREEDOM erstarrt er und es entfährt ihm: „Mein Gott, die verkaufen sogar Freiheit in Schachteln…“
Viele Grüße von Renate