Giovanni Falcone

Vor fast zwei Wochen verließ ich Isola delle Femmine und überquerte bei Capaci die Autobahn. Das Blutbad von Capaci, wir wissen das noch. Es war heute vor 22 Jahren, 1992, als die Mafia Richter Giovanni Falcone töten ließ und dann im Juli seinen Kollegen Paolo Borsellino, und ein Jahr darauf sogar noch den Priester Giovanni Pugliese. Eine üble Zeit.

An jenem Tag kamen Falcone und seine Frau mit dem Flugzeug von Rom nach Palermo, Punto Raisi. Es war ein Flug von einer Stunde Dauer. Seine Leibwächter waren informiert und bereiteten sich vor, aber leider auch die Mafia. Richter Falcone war 53 Jahre alt und hatte Erfolge gegen die Mafia erzielt, aber nun fühlte er sich zunehmend allein gelassen. Er verließ das Flugzeug und setzte sich ans Steuer eines weißen Fiat Croma, seine Frau saß neben ihm.

Vor ihm fuhr ein blauer Fiat Croma mit drei Bewachern, hinter ihm ein brauner Croma mit drei anderen Beamten. Die Leute der Mafia sahen zu, irgendwie mussten sie ja wissen, wo der kleine Konvoi sich befand; vielleicht stand der wichtige Mann auf der Autobahnbrücke und zündete die 400 Kilogramm Sprengstoff, die unter der Fahrbahn verborgen waren.

 

Ja, es war exakt hier unten, denn auf dieser Höhe steht oben in Capaci ein Gedenkschild.

 

Die Ladung explodierte und schleuderte den ersten Fiat Croma über die Böschung. Die drei Männer darin waren auf der Stelle tot. Die Explosion hatte den Asphalt aufgeworfen, und der weiße Croma, der dem blauen folgte, raste in die Asphaltwand. Falcone und seine Frau waren nicht angeschnallt und flogen wohl durch die Windschutzscheibe. Sie starben später im Krankenhaus. Der dritte Fiat Croma kam davon.

Ich war dann 1994 mit Giovanna auf Sizilien gewesen, 1996 lief im deutschen Fernsehen die Serie Allein gegen die Mafia (italienisch La Piovra – die Krake) mit Michele Placido als Corrado Cattani, der verraten wird und im Kugelhagel stirbt, betrauert von allen.

In Italien wird alles zur unendlichen Geschichte. Also beginnt gerade heute, am 22. Jahrestag, in Caltanissetta ein neuer Prozess, in dem auch Giovanni Brusca aussagen soll, der damals die Sprengladung zündete. Die Mafia hatte wahlweise ein Attentat in Palermo oder neben seiner Wohnung vorgesehen. Giovanni Falcone hatte keine Chance. Er war ein morto che cammina, wie Neapolitaner sagen: eine wandelnde Leiche.

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