Radfernreisende

Wolf-Rainer war schon erwähnt worden. Er fuhr auch um die Insel herum, und immer wieder erzählten mir andere von ihm; es war nur eine Frage der Zeit, wann ich ihn wiedertreffen würde. Und dann saß ich eines Abends neben der Rezeption des Campingplatzes Valle die Templi in Agrigent, und es kam ein weiterer Fernradler an, mit seinen Ortlieb-Reisetaschen, und er war unglaublich …

Wolf-Rainer

Ein Deutscher war es. Die Deutschen machen meist die verrückten Sachen. Sein Vorname ist Bertram, er ist Architekt und lebt an der Weinstraße. Alter schwer zu schätzen, so um die 50. Als wir uns trafen, war er schon 60 Tage unterwegs. Bertram war am 21. März in Worms gestartet, um die Fußwanderung von Seume von Laipzig nach Syrakus mit dem Rad nachzuvollziehen.

Bertram

Johann Gottlieb Seume (1763-1810) war um 1801 losgezogen und zwei Jahre unterwegs gewesen. Damals war das sehr gefährlich, und die Schilderung verrät uns viel über das Reisen vor 200 Jahren. Bertram folgte genau seinen Spuren, über Tschechien, Polen und Österreich nach Venedig (wenn ich mich rec ht erinnere), die Adria hinunter, nach Rom, über Neapel und Messina nach Syrakus, und auf dem Rückweg schlug er in Basel noch einen kleinen Schlenker nach Paris ein, den Bertram (dann Anfang Juli) auch nachfahren will.

Das ist Besessenheit der guten Art, und Bertram erzählte von seinen Abenteuern, als wäre es ganz normal, bei 4 Grad in Schlafsack auf einem Berg zu übernachten, sein Rad mit Gepäck 30 Kilometer über einen Ziegenpfad zu schieben und überhaupt … Monate unterwegs zu sein.

Ein anderer Reisender hat das gelöst, indem er seine Reise aufteilte. Ich traf Wolf, 69 Jahre alt, an einer Landstraße in Kalabrien. Wolf ist der echte Seume: Er wandert (manchmal 16 Stunden am Tag) mit seinem 15 Kilo schweren Rucksack. Im ersten Jahr schaffte er es in 6 Wochen von Berlin nach Chur, im zweite Jahr von Chur nach Rom, und nun will er es bis Messina schaffen. Das hat aber nichts mit Seume zu tun: Wolf brauchte einfach, wie er sagte, ein Projekt für die Pensionszeit

 

 

2 Kommentare zu “Radfernreisende”

  1. Bertram

    Danke, das ist ja ein tolles Kompliment ;-)) Darf ich -als alter Erbsenzähler- ein paar Bemerkungen machen? Also ich lebe an der Bergstraße; Seume war ca. 9 Monate unterwegs, er spazierte nicht über Polen auf dem Weg nach Syrakus.
    Übrigens zehre ich immer noch von der tollen Fahrt und habe noch viel aufzuarbeiten ….

    Spazierradler nach Syrakus

  2. web108

    Hallo Bertram! Schön, dein Lebenszeichen nach fast sieben Monaten! Stimmt, Seume ging über Dresden, Aussig, Prag, Wien, Gräz (Graz?), Triest und Venedig. Hier ist nochmal Seume, aus dem Juni: http://manipogo.de/?p=6682. Und hier ist noch ein echter deutscher Wanderer erwähnt: http://manipogo.de/?p=6631. Wolf aus Berlin hatte sich nach der Pensionierung eine Aufgabe geben wollen, doch seine Frau ließ ihn nicht so lange fort. Also wandert er jedes Jahr ein Stück, und er wird wohl Syrakus erreicht haben im vergangenen Sommer. Ihr seid tolle Leute, alles Gute weiter ciao Manfred.