Johann Gottfried Seume

Tragen wir das noch nach, weil ich bei Seume (Joh. Gottfr.) nachlas, was er über seinen Weg von Leipzig nach Syrakus über Sizilien schrieb. Die einjährige Wanderung war übrigens 1802, und das Buch heißt Spaziergang nach Syrakus

Seume ist auch mal mit Maultieren gereist, vielleicht auch mal mit der Postkutsche, klar ist das nicht, aber hat sich auch (wie ich) zweitausend Kilometer mit Muskelkraft vorwärts bewegt.

Der Radweg aus Syrakus hinaus, auf einer alten Bahntrasse

Er schreibt (und meine aktuellen Anmerkungen dazu, 212 Jahre später, in Klammern):

»Neugierigere Leute als in Sicilien habe ich nirgends gefunden; aber im Ganzen fehlt es ihnen nicht an Gutherzigkeit. Was schlecht ist, kommt alles auf Rechnung der Regierung …« (Stimmt. Auch Romano Puglisi hat erzählt, dass die Leute ihn mit Fragen löcherten und ihn nicht abfahren ließen. Wo kommst du her? war die häufigste Frage. Hunderte Male gehört: Da dove vieni?)

»Die Stadt ist traurig schmutzig. … Syrakus kommt immer mehr und mehr in Verfall.« (Das stimmt heute für Syrakus nicht mehr, aber auf Catania und Palermo trifft es zu. In Baghería liegen hundert Müllsäcke auf einem Haufen, in anderen Städten auch, und jemand sagte, das geschehe absichtlich, und so zeige die Mafia den Bürgern, wie es aussehe ohne sie …)

Der Platz vor der Kathedrale

»Nun erlaube mir noch, Dir fragmentarisch etwas über meinen Gang durch Italien im Allgemeinen zu sagen: Du hast aus meiner Erzählung gesehen, dass es jetzt wirklich traurig dort aussieht; vielleicht trauriger als es je war.« (Ja, auch heute. Man meint, vor zehn Jahren sei es noch besser gewesen, jetzt aber: die Krise. Große Hochzeiten gibt es nicht mehr, es wird gespart, auch wenn man weiter große Autos fährt und gerne isst.  Der Staat nimmt seinen Bürgern zwei Drittel des Lohns, das ist monströs, und nun müht sich Renzi, der neue Ministerpräsident , aber viele Vorsätze werden an den Strukturen und an Funktionären scheitern, die keine Reformen wollen, weil sie gut leben. Die politische Klasse in Italien hat es sich auf Kosten des Volkes immer gutgehen lassen.)

»Das Volk hungert oder stirbt, oder flucht und raubt, nachdem es mehr Energie oder mehr fromme Eselsgeduld hat. Es wird schon besser werden …« (Wir sind heute zivilisiert, aber eine gewisse Hoffnungslosigkeit herrscht in Italien. Es gibt zu wenig Arbeit, und ein Universitätsabschluss ist keine Garantie für irgendetwas. Aber nun die Sommersaison. Da kann man drei Monate schuften und vergessen, dass wieder triste Monate folgen.)

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.