Geh fischen!
Man begegnet manchmal Anglern und denkt sich: Geht nur. Geht fischen. Da »hatte ich nie einen Bezug zu«, wie der Norddeutsche sagen würde. Aber was mir fremd und seltsam ist, interessiert mich immer. Was ist da dran?
Dann erzählte mir Michael aus Tübingen vom Fischen in Norwegen, ich las Hemingway und entdeckte im Freiburger Gewerbegebiet einen Angel-Supermarkt, in dem ich mich umschaute. Und dann: der tolle Artikel Vom Geist der Forelle von Larry Dossey in seinem Buch Heilungsfelder! 20 Seiten über die Segnungen des Angelns. (Hab ich gleich Michael geschickt.)
Illustration: Rolf HannesDean Shrock, ein amerikanischer Therapeut, schrieb das Buch: Doctor’s Order: Go Fishing! (Befehl des Arztes: geh fischen!) Von Paul Quinnett stammt das Buch Pavlov’s Trout (Pawlows Forelle), auch dies mit Dosseys Botschaft: Fischen tut wohl. Er erwähnt Mike Crockett, der das Buch Flywater (über das Fliegenfischen) schrieb, mit einem anderen Autor.
Crockett hatte Krebs und schrieb über seine neue Passion: »Mit der Zeit begann ich, das Angeln als eine Art von Therapie wahrzunehmen … all diese verschiedenen Aktivitäten [beim Fischen]fließen zusammen in eine Art von Meditation, in eine spirituelle Beschäftigung.« Ein Onkologe (Krebs-Spezialist) sagt bei Dossey: »Wenn man so im Boot sitzt und nichts anderes tut, als darauf zu warten, dass ein Fisch anbeißt, zieht sich die Zeit in die Länge. Ich kann mir keine bessere Art und Weise vorstellen, die Tage zu verlängern. Das ist geradezu die perfekte Erholung für jemanden, der glaubt, er müsse sterben und seine Zeit sei begrenzt.«
Es ist ein veränderter Bewusstseinszustand. Manche Angler sagen, sie würden eins mit der Forelle und mit der Natur. In den USA angeln 53 Millionen Menschen regelmäßig, davon 18 Millionen Frauen, denen es besser gelingt, den Wettbewerbscharakter zu ignorieren und das Fischen intuitiv als Meditation zu begreifen – und, wie Dossey es tut, den gefangenen Fisch wieder ins Wasser zu werfen.
Go Fishing heißt ein Gedicht des naturliebenden englischen Poeten Ted Hughes (1930-1998). Ein Auszug:
Become translucent – one untangling drift
Of water-mesh, and a weight of earth-taste light
Mangled by wing-shadows
Everything circling und flowing and hover-still
In der Übersetzung von Jutta und Wolfgang Kaußen:
Werde durchscheinend – eine durchlässige Drift
Aus Wassergenetz und eine Last mit Erdgeschmack, leicht
Durchwalkt von Flügelschatten
Ales kreist und flutet und schwebt still