In Ewigkeit
Ein Buch aus dem Restbestand der Büchergalerie Heitersheim verzauberte mich, Marc Eberth hatte es mir geschenkt: L’eternité n’est pas de trop (2002) von François Cheng, geboren 1929 und Mitglied der Académie Française. Es ist eine der schönsten Liebesgeschichten, die ich kenne. Überirdisch.
Überirdisch ist kein zu großes Wort, denn es ist eine Liebe, die den Tod überdauert und mehr ist als die Liebe zu einem andersgeschlechtlichen Einzelwesen. Die Geschichte spielt im China im 17. Jahrhundert. Der Mönch Dao-sheng, 54 Jahre alt, hat sich als 18-Jähriger in Lan-ying verliebt und wurde deswegen verbannt. Nun kehrt er zurück und sieht sie wieder. Da er ein Kräuterkundiger ist, wird er gerufen, um die kranke Dame Ying zu heilen. Sie hinter Vorhängen, und er hält ihre Hand und sie reden. Sie wird gesund.
Und sie blüht auf, obwohl sich die Liebenden nur einmal in der Woche sehen können und ein paar Worte wechseln. Einmal treffen sie sich nachts, halten sich an den Händen und sagen sich, dass sie sich nie mehr trennen werden; sie werden auch in der Ewigkeit zusammen sein. Sie geloben sich das. Doch das Schicksal greift ein, der Himmel hat anderes vor. Der gewalttätige, gelähmte Mann von Lan-ying will sich rächen, würgt sie, und sie fällt wie tot zu Boden (der Mann stirbt auch). Dao-sheng holt sie ins Leben zurück, aber sie kann nicht mehr in der Familie bleiben.
Lan-ying muss in ein Kloster. Sie sagt ihm, er müsse warten. Dao-sheng erwidert, er werde wieder in die Abtei zurückkehren und geduldig sein. Doch kein Zeichen kommt. Manchmal sieht er sie in der Ferne, im Tal, im blauen Kleid. Drei Jahre vergehen, in denen Dao-sheng unaussprechlich leidet. Er spricht mir ihr, er macht sie zu seiner Gefährtin, sie sind zusammen, wie sie vermutlich immer schon zusammen waren. Es ist die Liebe zum Weiblichen, zur Zwillingsseele, die keine Bestätigung benötigt.
Dann, krank und schwach, vernimmt Dao-sheng ihren Ruf. Sie werden zusammen sein! Er macht sich auf zum Konvent, um sie noch einmal zu sehen, und tatsächlich trifft, kaum dass er niedergesunken ist, auch der Bote ein, der ihn zu ihr ruft, und es ist die letzte Botschaft, die in sein Bewusstsein dringt. Alles ist gut.
am 4. August 2014 um 09:26 Uhr.
Lieber Mandy,
… ein Happy End?
„Du seiest so allein in der schönen Welt,
Behauptest du mir immer! Das weißt aber du nicht“,
Was weiß Hölderlin nicht, was Diotima im Jenseits weiß? Etwa, daß alle Lebewesen unsterblich sind? Und daß sie sich wieder, neu inkarniert, begegnen werden?
Viele Grüße Gina