Big Pharma

Big Pharma heißt ein amerikanisches Sachbuch über die Pharma-Industrie, das zu holen ich immer zu faul war. Aber nun habe ich den Roman Strong Medicine von Arthur Hailey (1985) gelesen, das  geht’s um Pharma, und es ist unterhaltsam. Der story maestro Hailey wurde durch die Romane Airport und Wheels und Hotel bekannt.

Ich weiß aus erster Hand, dass der Hotel-Roman meine Schwester auf den Gedanken brachte, als junges Mädchen im Hotelfach anzuheuern. So etwas schafft Literatur! Hailey ist ein faction-Autor, der besessen recherchiert und alles über sein Thema weiß, bevor er schreibt (faction ist die Mischung von fact und fiction, also Fakten in Romanform). Man liest ebenso besessen (ich las die 470 Seiten von Strong Medicine an drei Tagen), weil die Geschichte so lebensnah ist und so packend.

Arthur Hailey war Engländer, 1920 in Luton geboren, und er starb am 24. November vor zehn Jahren, als ich gerade mittendrin war in seinem Roman. Seine Geschichten sind so stark auf den amerikanischen Markt ausgerichtet, dass man ihn unbesehen für einen amerikanischen Autor halten würde. Die Dramaturgie seiner Romane ist meisterhaft, die Sprache auf einem guten Niveau, wenngleich die Erzählhaltung konventionell bleibt und gewisse kitschige und märchenhafte Elemente (bei Mann-Frau-Beziehungen) nicht zu übersehen sind.

Eigentlich sind es groß ausgeführte Märchen, und bei Strong Medicine geht es um Celia Jordan, eine junge Pharma-Vertreterin, die einen Arzt ehelicht. Wir erleben ihre 25 Jahre bei dem Pharma-Konzern Felding-Roth, und wir werden Zeuge, wie Celia mit Mut und Ehrlichkeit, ja wie sie eigentlich trotz Ehrlichkeit und Sensibilität den Sprung ganz nach oben schafft und Chefin des Konzerns wird.

Später merkt man, dass die ethischen Fragen den Roman überwölben. Alle die Entscheidungen, die zu treffen sind! So viele Menschen mit Schwächen und ihrem Ehrgeiz treten auf und vertreten Celia den Weg, doch sie lässt sich nicht einschüchtern und uns an ihren Gedanken teilhaben. Wie schwer ist es doch, in dieser Schlangengrube, diesem Haifischbecken der Geschäftswelt fair zu bleiben und sein reines Gewissen zu behalten. Mancher würde vielleicht ein Auge zudrücken oder nicken, weil auch die Chefs nicken. Courage ist selten. Man hat ja was zu verlieren … und man verliert immer, leider: entweder den Job oder den Selbstrespekt.

Celia Jordan handelt, wenn das Geschäft ethische Bedenken in den Hintergrund zu schieben droht. Dramatische Ereignisse ranken sich um zwei Arzneimittel des Konzerns für schwangere Frauen, die dazu führen, dass behinderte Kinder geboren werden.

Es ist ein Roman um Frauen-Power, der auch heute, 30 Jahre danach, noch aktuell wirkt. Denn immer noch sind Frauen in den obersten Chef-Etagen dünn gesät. Wir haben wenigstens Angela Merkel und Ursula von der Leyen, Alibifrauen auf höchstem Niveau. Sie täuschen darüber hinweg, dass Frauen es immer noch schwerer haben auf dem Weg nach oben als Männer.

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