Das Fundstück

Bei Aufräumarbeiten ist unversehens ein Gedicht wieder aufgetaucht, das der manipogo-Autor vor 35 Jahren schrieb: ein Jugendwerk. Kann man hier noch einmal veröffentlichen, mit etwas Bangen, aber es ist lange her. Es geht um das Paradies, eine Utopie, ein Leben in einem Dorf am Meer.

Den 22-jährigen Autor beseelte anscheinend die Sehnsucht nach einem ungestörten Leben in der Provinz – etwas, das sich ja wohl erfüllt hat, ohne dass die zum Ausdruck komenden Hoffnungen sich erfüllt hätten. Doch Sehnsucht ist ein starkes Gift; es treibt einen weiter im Leben und speist ja wohl auch das Weihnachtsfest, darum – hinein ins Idyll!

Idyll 1: gefunden in Santa Marinella, 34 Jahre später

St. Ives

Die Häuser stehen
auf montanen Spalieren
an unverständlich grünem Hang,
meint man
(ein Steingetümmel, tiefer,
ein abgesetzter Halbkreis von Gebäuden
um den Hafen, um den Strand)

Hier an der Küste
–- nennen wir die Stadt »St. Ives« –
leben die Menschen
unverfroren und verbissen,
unbesonnen und tatenkräftig.
Sie kennen kein Wort
für das Glück, denn
sie besitzen es.

Das möchte ich glauben.

Bloß vor dem Meer,
wie Kinder sind si.
Der Salzatem entfacht
in ihren Brüsten
eine große Kühnheit.
Ich glaube auch, sie tragen
dsas müde Herz
auf der Zunge.

Sie sprechen vom Frühstück
und vom Tod vor der Zeit.
Aber Morde geschehen hier nicht.

Dafür gibt es
Liebesromanzen ohne Zahl.
Man gibt sich, großzügig.
Auch sind sie
schmerzhaft ehrlich.

Nun, man gewöhnt sich,
Zu schnell fast –
Schon willst du
niemals anders sein
noch
woanders leben.

Idyll 2: Santa Marinella

Das Gedicht wurde im November 1979 in einer Grazer Zeitschrift veröffentlicht, und ich war sogar eingeladen in die Hauptstadt der Steiermark. Vielleicht war ich damals eine kleine Lyrik-Hoffnung! In jenem Jahr hattte ein Verlag auch Interesse an einer Kurzgeschichte, doch dabei blieb es. Es fehlte einfach die Welthaltigkeit, der junge Autor war andauernd hoffnungslos verliebt und fühlte sich wie der junge Werther, doch dann kam der Journalismus, der die nötige Erdung brachte, wenngleich nicht die Lebenserfahrung, die man zum Schreiben braucht. Aber muss man unbedingt schreiben? Es geht weiter, irgendwohin, immerzu.

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