Weihnacht zu zweit
Bei meiner Hausärztin gewesen, um ein Rezept abzuholen, und dabei in der Zeitschrift Die Aktuelle herumgelesen, der Montags-Illustrierte für die Frau. Hansi Hinterseer (60) freut sich schon auf Weihnachten und zündet brav seine Kerzen an. Seit 28 Jahren ist er glücklich mit seiner Frau Ramona (57) verheiratet, die ihm seine Songs schreibt, weil er schon in der Schule schwach im Aufsatz war.
Die glückliche, stabile Beziehung ist die Sehnsucht dieser westlichen Gesellschaft, und eine wahre Religion ist es. Da kommt viel Druck auf. Die Musikindustrie macht da mit.
Erst begeisterte mich meine Nichte für die Band The xx, dann erfuhr ich noch von Angus und Julia Stone, beides junge Künstler, deren Videos Millionen Mal auf youtube abgerufen werden. Es mag Zufall sein oder nicht: Beide Bands sind eigentlich Paare, die auf der Bühne ihr Zusammensein zelebrieren. Romy Croft und Oliver Sim von The xx führen ein intensives Zwiegespräch, und Angus und Julia machen das auch: Bei einem Song steht sie da und zupft kokett an ihrem Kleidchen herum, geht zu ihm, flüstert ihm etwas ins Ohr, sie lachen, und dann, irgendwann, geht es endlich los, und sie singen hübsche County-Duette.
Früher waren es eher Solisten, die die Fantasien des jeweils anderen Geschlechts entzünden sollten, und jetzt hält es die Industrie anscheinend für opportun, schöne Beziehungen auf der Bühne darzustellen. Schon interessant. Und Weihnachten einträglich zu zweit, muss das Höchste der Gefühle sein! Die Lichter der Kerzen spiegeln sich in ihren Augen, man beschenkt sich reichlich und ist ein Fleisch und ein Geist.
Die Zeitschrift jezza!, das Magazin für Ammersee, Ammer und Lech, widmete sich im August/September dem Thema Männer & Frauen: von Liebe, Lust und Leidenschaft(en), was die Chefredakteurin für superspannend hält, und sie legt noch nach: »Denn was ist schöner und spannender, als glückvolle Liebe und Partnerschaft, gemeinsame Hobbys, Ziele und Perspektiven!«
Die FAZ aus Frankfurt macht da mit und kommentiert regelmäßig den Tratsch, den gossip, in dem es immer um Mann und Frau geht. Anscheinend kommt man nicht daran vorbei, die Leute wollen das. Da ist einem plötzlich der Titel eines Erfolgsbuchs sympathisch, das man immer für seltsam hielt: »Liebe dich selbst, und es ist egal, wen du heiratest.«
Bei amazon über die Autorin: »Eva-Maria Zurhorst ist Deutschlands bekannteste Beziehungsberaterin und Bestsellerautorin. Sie war ursprünglich als Journalistin tätig, u. a. in Südafrika und Ägypten, und wechselte später als Kommunikationsberaterin in die Wirtschaft. Heute arbeitet sie, nach einer psychotherapeutischen Zusatzausbildung, mit ihrem Mann Wolfram als Beziehungs- und Karriere-Coach. Ihre Bücher wurden weltweit in 17 Sprachen übersetzt.«
Klar, so jemand muss sich lieben. Aber man steht da zwischen zwei Feuern: Zwar mag man nicht den schrankenlosen Egoismus – aber dass jemand sich sein Seelenheil von einem anderen erwartet, der vielleicht unwürdig ist, kann auch nicht richtig sein. Ich denke, der Wunsch müsste immer sein, lieben zu wollen und nicht der, unbedingt geliebt werden zu wollen.
am 22. Dezember 2014 um 09:18 Uhr.
genau, lieber Mandy! Man kann auch lieben, ohne, dass man auch geliebt wird……ciao Gina