Kein Fußball im Mittelalter
Ein paar Anmerkungen zur 2222, der Zahl vom Pizol (Höhe des Gipfelrestaurants), da ich schon früher über 22 geschrieben hatte. Die Schnapszahl ist eigentlich etwas Abseitiges, aus der Ordnung Fallendes, nicht weiter der Rede wert. Und doch …
Autobesitzer holen sich gern Kennzeichen mit 3333 oder 4444 oder 1111. Das bedeutet nichts. Seit neuestem, meint man zu bemerken, holen sie sich ihr Geburtsjahr. Sagt alles über den Individualismus heute, aber auch über Einfallslosigkeit heute. Den Symbolismus der Zahl und der Farbe haben wir ziemlich verlernt. Es gilt nur der äußere Schein; nichts dahinter.
Der mittelalterliche Mensch hingegen war von der Zahlensymbolik beherrscht, und man weiß nicht, ob man das für gut halten soll. Konrad Haderlein (1932-2012), der in Kanada Literaturprofessor war, hat einen kleinen Aufsatz über die Zahlen zwei, drei und elf im Mittelalter geschrieben und sagt uns, dass die elf damals keine positive Zahl war. Sie stand, jedenfalls im 12. Jahrhundert, für die Apokalypse.
Belege dafür sind zwar schwer zu finden, doch ein Gelehrter stieß auf ein damaliges Gedicht, in dem die Zahl Elf genau elf Mal mit der Apokalypse verknüpft ist. Der Wolf Isegrim versucht sich elf Mal vergebens aus dem Eis zu befreien; elf Äbte treffen ein, als der Wolf zum Mönch wird; und mehr kleinere Episoden. Der Wissenschaftler versucht dabei zu unterscheiden, ob eine Qualität zu einer Zahl gehört oder ob man sie der Zahl erst beim Lesen, im Kontext sozusagen, beilegt. Zur Elf scheinen Verrücktheit, Scheitern, Unordnung und bevorstehendes Unheil zu gehören. Denn die Elf ist eins mehr (transgressio) als die Zehn, traditionell für Ordnung und Vollendung stehend; und sie ist eins weniger (deficiens) als die Zwölf, die wichtig ist wegen der zwölf Monate und der zwölf Apostel. Die ELf ist demnach zwei Mal schlecht. Im Mittelalter hätte das Fußballspiel niemals Fuß gefasst.
Die Zwei hielt man obendrein für ungut. Eins war die Einheit, war Gott, und drei war die Trinität; zwei bedeutete Zwist, auch wenn sich zwei Leute heiraten, doch durch die Heirat werden sie ja wieder eins. Es galten die ungeraden Zahlen als männlich und zur rechten Seite gehörig, die geraden als unheilig, weiblich und links. 2222 wäre also eine ziemlich unheilvolle Zahl. Aber wir müssen uns diese Bedeutung nicht zu eigen machen. Symbole sind beweglich und werden von uns geprägt und ausgestaltet.