Westward HO

Ich habe mich das Wochenende über in Offenbach am Main aufgehalten. An den Hafen 2 erinnerte ich mich noch gut: Vor ein paar Jahren hatte ich da mit einer Bekannten in Liegestühlen Weißbier getrunken und die Sonne hinter einem Lastenkran schön untergehen sehen. Damals hieß es schon, die romantische Brache sei dem Untergang geweiht. Doch damals gehörte sie noch den Künstlern.

HO steht für Hafen Offenbach. Klingt griffig. Eine gute Weile durften sich da viele Künstler tummeln; die lädt eine Stadt ein, wenn sie gerade nichts mit einem öden Terrain anfangen kann. Die bildenden Künstler hübschen das ein wenig auf mit Farbe, Graffiti und Ideen, und alle freuen sich.

 

Damals, vielleicht 2008, gab es auch eine große Ausstellung mit Lichtinstallationen. Die Schrift Universum habe ich da im Dunkeln fotografiert, als sie leuchtete; am Tag jedoch hat das keine Magie.

 

Ungenutzte Flächen tun der Stadtverwaltung in der Seele weh. Das ist ja ein Juwel, da am Main. Es wird verhandelt, man lässt sich einen guten Slogan einfallen, »entspannt im Mittendrin«: voll im Trend und weit weg von der etwas verlebten Innenstadt Offenbachs. Man hat dann viele Gleichgesinnte neben sich, Leute mit Stil, wie sie wohl meinen, mit Finanzkraft und Weitblick (wenn man genug hinlegt: Dann kann man über den Main schauen). Wenn ein Viertel sozial einheitlich wird, heißt das Gentrifizierung. (Am nächsten Tag, dem Samstag, schaute ich mir alles nochmals mit Schnee und bei blauem Himmel an.)

 

Anfang Dezember hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Beitrag über Philippe Starck, sein Design-Gesülze und seine Pläne für Berlin: Die Stadt der Untoten. Das war angemessen ironisch geschrieben, und darin stand die richtige Bemerkung, dass der moderne niveauvolle Siedlungsbau das künstlich erzeuge, was er verdränge: das Kleinräumige, das Witzige, das Lebendige.   

In Miami Beach, war in der Frankfurter Rundschau zu lesen, heuern Hausbesitzer in diesen Kunst-Siedlungen Graffitimaler an, die dann das produzieren, was vorher ungeplant, nachts und voll Wut entstand. Nun entsteht es am Tag, geplant und mit Bedacht. Das sind dann Produkte ohne Seele: reine Hüllen. Die Leute leben so  gemütlich und gut bürgerlich in einer Karikatur des Authentischen, und sie halten das für toll. Das ist ein Leben der Zombies, und die FAZ nannte diese Erscheinung so schön Zombifikation.  

 

 

 

 

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