Feuerschutz

Gib mir Feuerschutz, sagen sie in den Fernsehkrimis. Seltsames Wort. Waffenbefürworter sagen immer, die Waffe an sich sei neutral; sie könne dein Leben verteidigen. Feuerwasser und Feuerwaffen, der Untergang der Indianer. Gesoffen und geschossen haben sie, die Pioniere auf dem Weg nach Westen, Bisons ausgerottet und Indianer dezimiert, und Tarantino zeigt uns diese Orgien in seinem Django.

Präsident Obama unterlag gestern im Senat mit seinem Entwurf zu einer Verschärfung der Waffengesetze. Schnellfeuergewehre und halbautomatische Waffen bleiben im Handel. Von einem »Tag der Schande für Washington« sprach der Präsident.  Die Vereinten Nationen haben mühevoll eine Beschränkung des Waffenhandels beschlossen. China und Russland ist meist dagegen, sie sind große Waffenproduzenten.  Der alte Kalaschnikow lebt noch und zeigt keinerlei Reue; mit seinem Gerät wurden Hunderttausende getötet. Die Firma hat Probleme mit einem Rückgang ihrer Verkäufe. Kalaschnikow selbst wird in der Hölle braten, alles andere wäre eine Überraschung.  (Illustration: Foto eines Plakats mit Waffenwerbung, St. Gallen, 2006

Die Waffe gehört zum Männlichkeitswahn, und dieser ist ein großes Übel. Zwei Geschichten aus neuerer Zeit muss ich wiedergeben, und dass zwei Kosovo-Albaner ím Mittelpunkt stehen, ist zufällig und doch nicht; auf dem Balkan herrscht eben noch die Ideologie, dass der Mann Mann ist. Wenn sein Status bedroht wird oder verloren geht, ist mit allem zu rechnen. 

 

Pistole, österreichisches Fabrikat (Auslage eines Waffenhändlers, St. Gallen, 2006)

 

Im Februar wurde bei Zürich der Fall eines 24-Jährigen verhandelt, der vor vier Jahren in Volketswil mit seiner 17-jährigen Freundin auf einem Parkplatz im Auto saß und sie fragte, ob sie meine, dass er einen Menschen töten könne. Sie meinte etwas wie vielleicht, ließ irgendwie Zweifel durchblicken, und dann holte der damals 20-jährige seine Waffe hervor, machte damit herum und erschoss sie. Der junge Mann brachte sie noch in die Klinik, aber es war zu spät. Ein Schuss habe sich irrtümlich gelöst, gab er an.  

Der Staatsanwalt meinte, er habe selten ein sinnloseres Delikt erlebt. Die Sache mit dem Versehen schien unglaubhaft, der 24-Jährige wurde wegen Mordes zu 16 Jahren Haft verurteilt.  

Ein anderer, ein 60-jähriger Mann, stand im März in der Schweiz vor Gericht. Er hatte sexuelle Probleme bekommen, obendrein hätten seine sechs Kinder sich von ihm abgewandt, meinte er, und so fuhr er nach Albanien, kaufte sich eine Pistole, reiste zurück in die Schweiz und erschoss seine Frau sowie die Leiterin des Sozialamts. So kann man versuchen, seine Probleme zu lösen, wenn man ein Unmensch ist. Wegräumen, was stört.  

Aber auch in Italien beobachtet man seit Jahren, dass Männer die Kränkung, die ihnen zustößt, wenn die Frauen sie verlassen, durch Mord beantworten. Man beobachtet es seit Jahrzehnten, man beobachtet es seit Jahrhunderten. Diese Delikte verschwinden weder durch Gesetze noch durch Verurteilungen; da muss sich etwas im Denken ändern, und es muss in der Schule und im Elternhaus beginnen.

Gestern erst las ich in La Repubblica, in Pesaro an der Adria sei eine junge Anwältin von einem Mann vor dem Haus überfallen und mit Säure übergossen worden; sie verliert vielleicht ihr Augenlicht. Festgenommen wurde der gleichaltrige Kollege, der versucht hatte, ihre gescheiterte Beziehung wieder aufzunehmen. Er soll einen anderen beauftragt haben, die widerwärtige Tat zu begehen. 

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