Die staufischen Frauen

Eine fremde Welt auch das: Deutschland und Italien im 12. und 13. Jahrhundert. Ein Fund-Buch hieß Lebenswege und Schicksale der staufischen Frauen, 1977 von Josef Mühlberger (1903-1985) geschrieben, einem sudetendeutschen Schriftsteller und Übersetzer, der es auf 16 Romane und Erzählbände brachte. Frauen im Mittelalter, das ist ja auch ein manipogo-Thema.

Mühlberger hat alle Frauen im Umkreis der Staufer abgehandelt, doch muss man aus dem Wust der verwirrenden Verwandtschaftsbeziehungen und Kriegshändel ein paar Thesen herauspicken. Das Geschlecht der Staufer hat seine Burg in Göppingen im Schwabenland und erlebte seine Blütezeit mit Friedrich I. Barbarossa (1122-1190) und Friedrich II. (1194-1250), dem Beherrscher Deutschlands und Italiens, der sich stets in Apulien aufhielt. Als sein Nachfolger Konrad 1268 enthauptet wurde, starb das stolze Geschlecht aus, zu dem ja auch Manfred gehörte, der Lieblingssohn von Friedrich II., dem der morgige Beitrag gewidmet sein wird.

OIPbelleIn Sélestat (Schlettstadt), südlich von Strassburg gelegen, wurde 1892 der Abguss einer Frauengestalt aus dem 11. oder 12. Jahrhundert gefunden, die man la belle inconnue nannte, die schöne Unbekannte. Mühlberger schreibt dem Gesicht »Hoheit und Würde, Ernst, Strenge und Milde« zu und fährt fort:

Aus dem Schattendunkel der staufischen Frühzeit taucht dieses Frauenantlitz auf. Neben all den Eigenschaften, die aus ihm abzulesen sind, ist deutlich erkennbar der Zug einer unbeirrten Frömmigkeit. Diesem Zug begegnen wir späterhin bei vielen staufischen Frauen … Während die geistlichen und weltlichen Großen, Papst, und Kaiser voran, sich in endlosen Kriegen um Vormachtstellungen aufrieben und das Christentum an den Rand der Veräußerlichung trieben, lebten die Frauen in aus inneren, iredischem Streit enthobenen religiösen Bereichen.

Das klingt gut, ist aber Spekulation. Von den 30 Frauen aus 200 Jahren, die der Autor vorstellt, gingen nur vier ins Kloster: Margarete, 1204 geboren, heiratete zunächst mit 46 Jahren den 23-jährigen böhmischen König Ottokar II., weil der das wollte. Solche absurden Paarungen gab es damals oft, es spielte ja keine Rolle, es waren nur politische Heiraten, und die Frauen waren nur Objekte und nur interessant, wenn sie einen Titel oder ein gutes Stück Land mitbrachten. Und dann sollten sie dem Herrn und Gebieter noch einen Sohn schenken. Der König umgab sich gern mit Konkubinen, die auch Kinder zur Welt brachten (Stauferkaiser Friedrich II. hatte 17 Kinder von verschiedenen Frauen), die allerdings dann für die direkte Nachfolge nicht in Frage kamen.

034Margarete jedenfalls kam aus dem Kloster und ging wieder ins Kloster, 1261. Die letzte uneheliche Tochter Friedrichs II., Blanchefleur, trat ins Kloster Montargis ein und starb dort 1279. Konstanze war die Tochter von Friedrich II. und Bianca Lancia, die auch Manfred zur Welt brachte, musste als 14-Jährige den 52-jährigen Exil-Kaiser von Griechenland heiraten, geriet in die Wirren um Byzanz, war lange gefangen und trat ins Kloster St. Barbara in Valencia ein, wo sie 1307 fast 80-jährig starb. Konstanze hieß auch die Tochter Manfreds aus erster Ehe. Sie heiratete den König von Aragonien und starb 1301 in einem Kloster in Barcelona, immerhin 52 Jahre alt..

Die meisten der vorgestellten Frauen erlebten ihren 40. Geburtstag nicht. Entweder starben sie im Kindbett oder im Gefängnis, wurden ermordet oder starben an einer Krankheit. Doch auch die Männer gingen früh von dannen, Könige mit 32 oder 36, und Leute wie Kaiser Friedrich II. mit 54 waren schon eine Ausnahme. Der Krieg raffte viele dahin.

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Das klingt aber zu abstrakt: der Krieg. Männer damals waren grausam und zettelten die Kriege an. Andauernd zogen sie gegen jemanden zu Felde, und das ging ja 500 Jahre so weiter, und der Sonnenkönig Ludwig XIV. verschuldete sich Anfang des 18. Jahrhunderts durch andauerndes Kriegsführen derart, dass man nach ihm Versailles schließen musste.

1208 hatte es den ersten Königsmord gegeben: Pfalzgraf Otto von Wittelsbach erschlug mit dem Schwert König Philipp von Schwaben; Ottos Neffe, Herzog Ludwig, beging auch einen Mord. Durch ein Missverständnis in einem Brief seiner Gattin eilte er wütend zu ihr und ließ sie 1256 enthaupten — sie war jedoch unschuldig. Ludwig gründete als Sühne dafür das Kloster Fürstenfeld. Ezzelino IV., ein Schwiegersohn Kaiser Friedrichs II., war für seine unerhörte Grausamkeit und Brutalität überall gefürchtet. Er lebte von 1194 bis 1259 und starb eines schrecklichen Todes im Gefängnis.

Über Friedrich von Antiochien, einen unehelichen Sohn des Kaisers, heißt es:

Er hat zarte und gefühlvolle Konzonen gedichtet und war gegen die Feinde der Staufer erschreckend grausam.

Anscheinend war das damals kein Widerspruch. Frauen konnten womöglich »sittigenden Einfluss« auf ihre Männer ausüben wie Konstanze auf den zehn Jahre jüngeren Friedrich II. Auf diese Hochzeit hatte der Papst gedrängt, wie überhaupt das Oberhaupt der Christenheit immer den Überblick hatte und Verbindungen empfahl, die dem Kirchenstaat nutzten, »wobei auf das Glück der Paare kein Wert gelegt wurde. Vielfach lernten die Ehepartner erst bei der Eheschließung kennen, zuweilen sogar erst danach«.

Es war sicher nicht sehr lustig für die Gattinnen, aber immerhin litten sie keinen Hunger wie das Volk, saßen auf ihren Burgen und häkelten, ließen sich Geschichten erzählen. Dann hörten sie, ihr Mann sei gefallen, und wie würde es dann weitergehen? Aus dem 11. und 12. Jahrhundert blenden wir uns besser galant aus …

 

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