Laetitia

In der Schweizer Gratiszeitung 20 Minuten werden jeden Tag zwei junge Singles befragt, was sie sich wünschen; wie ihr Partner aussehen soll. Marco (18) wünscht sich eine gut aussehende Frau mit Tattoos und Piercing, Laetitia, auch 18, einen großgewachsenen Mann mit Muskeln. »Ohne was können Sie nicht leben?«»Mein Natel und mein Schminketui.« Das Natel ist das Handy (das heute ein iPhone ist). Alles recht klassisch.

In der FAZ fand sich zur selben Zeit (Ende April) ein Artikel über Mädchen, die sich in den Social Media zur Diskussion stellen. Bin ich hübsch oder hässlich? Wenn sie die Antworten verkraftet haben, leihen sie sich Geld und gehen zum Schönheitschirurgen. Aussehen ist anscheinend alles, und in diesem Fall wird demokratisch entschieden. Ein paar unbekannte Holzköpfe, die man nicht mal kennt, dürfen zuschlagen. Ach, ist das traurig.

Mit 18 hatten wir alle unsere Vorstellungen. Wir wollten zum Beispiel wild, gefährlich oder irgendwie kaputt sein. Wir hatten damals schon alte Jeans und Umhängetaschen mit Fransen, hörten Rockmusik und tanzten in Kellern und tranken viel. Wir hatten unser Umfeld, das uns beeinflusste – aber es waren konkrete Leute und nicht Facebook-Poster, keine Leute aus dem All. Für Jungs war alles einfacher, und Mädels mussten sich genauso damit abfinden, wie sie waren und ihren Weg finden.

Heute aber kann man seine Außenseite verändern. In dieser oberflächlichen Gesellschaft wird nur thematisiert, was man sieht. Anti-Aging, Wellness, Operationen … sind natürlich die falschen Methoden. Der innere Mensch muss sich ändern, denn ein fröhlicher, zuversichtlicher Geist verändert auch die Außenseite zum Positiven, und wenn diese nicht so optimal sein sollte, stört einen das nicht, weil man mit sich im Reinen ist. Ist es übertrieben, wenn ich meine, dass wir in finsteren Zeiten leben? Die Kulissen werden beleuchtet, der Geist ist verdunkelt. 

Aber Thackeray hat schon im 18. Jahrhundert sein Buch Jahrmarkt der Eitelkeiten geschrieben, neu ist das alles nicht. Der Weg zum Selbst ist lang und führt nur über Fehler und Irrtümer. Sollte ich auf meinem Weg vorangekommen sein, so hätte ich ja auch 40 Jahre gebraucht, seit ich volljährig geworden bin. 18-Jährige haben viel Zeit. Das Leben lehrt alles. Darum bleiben wir optimistisch.

 

 

 

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