Pedelec in Italien

Auch in Norditalien sind eine Menge Leute mit elektrischen Fahrrädern unterwegs, den sogenannten Pedelecs. Sollen sie doch. Aber mir fiel ein, wie Mitte April Winnie neben mir herradelte, der in seinem Geschäft viele E-Bikes verkauft. Er konfrontierte mich mit einem Argument, das ich spontan nicht überzeugend kontern konnte …

Vielleicht war es ja ein Argument cleverer Marketing-Leute, das muss ich Winnie noch fragen. Jedenfalls meinte er, man würde wohl auch nicht Hausfrauen mit der Hand waschen lassen, wenn es die Waschmaschine gäbe; man solle seinen Widerstand gegenüber dem Pedelec aufgeben. Ist das elektrobetriebene Rad mit der Waschmaschine zu vergleichen, sind wie E-Bike-Hasser engstirnige Fundamentalisten, die die Menschheit in der Steinzeit festhalten wollen?

Bestimmt nicht. Ich sagte: Das Pedelec ist eine Zusatz-Erfindung, niemand hatte es vermisst. Es gab ja schon Autos und Motorräder und andere motorbetriebene Fortbewegungsgeräte auch für den Transport schwerer Dinge; die Waschmaschine war also schon da. Das Fahrrad ist einfach eine andere Kategorie, das ist philosophisch zu behandeln. Das Fahrrad ist perfekt auf den menschlichen Körper abgestimmt und erfüllte seinen Zweck: Sportgerät zu sein und Transportmittel des Menschen über kürzere Distanzen. Wo es zu Fuß zu lange dauert, ein Motoreneinsatz aber übertrieben wäre, ist es die beste Lösung. Der Mensch setzt seine Muskeln ein und verbraucht keine Energie.

Das Pedelec mischt sich da ein und verwischt die Trennung zwischen mit Muskelkraft betriebenen Fahrzeugen und mit Motor betriebenen Fahrzeugen. Es ist ein Hybrid. Der weltanschaulich korrekte und strenge, weil keine fossile Energie verbrauchende Radler knickt ein und geht einen Kompromiss ein, wenn er Pedelec fährt. Er ist plötzlich ein unsauberer Radfahrer. Für seine Bequemlichkeit begeht er eine Todsünde, wie es der echte Radfahrer sieht: Er lässt sich helfen. Dahinter stecken die Interessen einer ganzen Industrie. Alles das habe ich schon gesagt.

Der Fahrradhändler in Santa Marinella, der ein bißchen aussieht wie Massimo Troisi, brachte einen neuen Gedanken vor: Die, die Pedelecs kauften, seien keine Radfahrer, sondern Leute, de es statt eines Scooters erwerben oder gar ihr Auto abschaffen; die Krise spüre man in Italien, meinte er. (Sollen sie doch radfahren könnte man ach sagen, ist gesünder und billiger.)

Die Entwicklung geht weiter. Das Fahrrad fährt vislleicht wirklich einem Nischendasein entgegen. Das hätte sich vor zehn Jahren keiner vorstellen können. Auch nicht, dass Fahrradhändler Motoren einbauen und Software aufspielen. Wie überall sind wir mit technischem Kleinkram konfrontiert, statt einfach fahren zu dürfen. Die Technik überwölbt das, was sie erleichtern helfen soll.

Ich merke es bei den Computerprogrammen, die vor einiger Zeit noch so einfach zu bedienen waren, dass man sich auf die Arbeit konzentrieren konnte. Aber nun kostet das Knowhow so viel Energie, weil der Mensch immer mehr Funktionen in seine Geräte einpacken will und der Zeitgeist immer mehr Leistung für immer weniger Geld verlangt. Ich schreibe einfach weiter, aber wenn es zu kompliziert wird, steige ich eben aus und auf mein Rad und ciao.

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