Victor Schoelcher
Der kleine elsässische Ort Fessenheim, gleich drei Kilometer hinter dem Rhein, besitzt seit einem Jahr ein schönes Museum für Victor Schoelcher (1804-1893), der Mitte des 19. Jahrhunderts fast im Alleingang die Sklaverei auf den französischen Gebieten abschaffte. Das ist ein Pluspunkt, kennen doch alle nur das dortige Atomkraftwerk.
Immer noch hängt das Spruchband über der Hauptstraße, Fessenheim wolle seine Atomanlage behalten. Aber wir denken jetzt an Victor Schoelcher. Seine Urgroßmutter kam aus Eschbach, sein Urgroßvater aus Grissheim, noch diesseits des Rheins. Irgendwie gingen sie über die Grenze, bauten sich ein Haus, Marc Schoelcher (1766 geboren) ließ sich in Paris nieder und gründete eine Porzellanfabrik, wurde reich.
Victor kam in der Hauptstadt zur Welt. Seine Brüder und er verkauften die Fabrik und teilten sich das Geld. Nun war Victor ein Herr mit reichlich Mitteln, aber auch mit großen Plänen. Bei Reisen für die Fabrik seines Vaters hatte er in Mittelamerika und Afrika die Sklaverei kennengelernt und hielt sie für einen Skandal. Nun setzte er alles in Bewegung, diesen Skandal mit legalen Mitteln abzuschaffen. Auch Quentin Tarantino kämpft immer noch, rückwirkend, gegen die Sklaverei und die Missachtung der Afro-Americans. Zitieren wir nun Wikipedia:
Als Abgeordneter der Nationalversammlung für Martinique war er Initiator des Dekrets zur Abschaffung der Sklaverei am 27. April 1848, proklamiert am 22. Mai 1848, das die völlige Abschaffung der Sklaverei in Frankreich und seinen Kolonien festschrieb. 1849 und 1850 vertrat er Gouadeloupe in der Nationalversammlung. Nach dem Staatsstreich Napoleons III. 1851 begab er sich ins Exil nach Belgien und später nach London, von wo er erst 1870 nach dem Ende der Herrschaft Napoléons III. wieder nach Paris zurückkehrte und von 1871 bis 1875 erneut Martinique in der Nationalversammlung vertrat. 1875 wurde er zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Victor Schœlcher starb im Jahr 1893 im Alter von 89 Jahren in seinem Haus (24 rue d’Argenteuil, heute Avenue Schoelcher) in Houilles. Er wurde neben seinem Vater auf dem Friedhof Père Lachaise beigesetzt.
Die unruhige Zeit um 1848 war auch in Baden zu spüren. Nur 15 Kilometer von Fessenheim entfernt, in Müllheim, sprach Struwe zum Volk, von einem Balkon auf dem Hauptplatz herab. Man wollte den Adel und den Markgrafen heimschicken und das Bürgertum an die Macht. Das funktionierte auch in Deutschland nicht, die »Aufständischen« wurden besiegt. Es war ein kleiner Bürgerkrieg.
Wer würde jedoch einfach so nach Fessenheim fahren? Colmar und Freiburg sind je 60 Kilometer weg, zu weit für eine Stippvisite. Ensisheim ist nett, aber vielleicht steht ja bald in Fessenheim, zu hoffen wäre es, eine Atomkraftwerksruine. Besichtigen wird man sie sicher nicht dürfen, da herrscht Geheimhaltung. Interessant aber wäre sie, auch für professionelle Fotografen, denen in dieser blitzblank ausgestalteten Welt die Motive fehlen.
Das Museum (oder museographischer Raum, wie die Franzosen schreiben) Victor Schoelcher, son oevre (Victor Schoelcher, sein Werk) ist bis 30. September von Dienstag bis Sonntag jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet, in den Wintermonaten von Dienstag bis Samstag (14 bis 17 Uhr). Der Eintritt beträgt 4 Euro, das Museum liegt an der Hauptstraße, 21, rue de la Liberation.