Dona Edelarzil

Sonntagabend hatte ich noch den Newsletter des Basler Psi-Vereins gelesen: den Bericht von Lucius Werthmüller über seinen Besuch bei der brasilianischen Heilerin Dona Edelarzil. Gestern bin ich dann nach über Mulhouse nach Basel geradelt, Luci saß vor einem Monitor und konnte mir gleich live darüber berichten.

Den Newsletter kann man hier kostenlos bestellen. In ihm informiert Lucius über die Séancen und über andere »allfällige« Neuigkeiten, auch über Filme und Sendungen im Fernsehen. Ja, die Parapsychologie. Lucius bedauerte es, dass die Forscher die philippinischen und brasilianischen Heiler ignorierten, gar einen großen Bogen um sie machten. Denn wenn man etwas Paranormales erleben möchte, muss man reisen. Eine »unheilige Allianz aus Skeptikerverbänden, Wissenschaftlern und Journalisten« polemisierten gegen »Esoteriker« und Parapsychologen — schreibt er im Editorial des neu erschienenen Psi-Info 8/2016 —, was dazu geführt habe, dass die meisten akademischen Parapsychologen davor zurückschreckten, sich mit »Makrophänomenen« auseinanderzusetzen. Lieber forschen sie im Labor herum.

Lucius war mit seiner Partnerin Sabin sowie mit Julia und Kai Mügge im Januar nach Brasilien geflogen .Sie verbrachten einige Tage in der Casa de Dom Inacio des Heilers Joao de Deus, dem wohl berühmtesten Heiler weltweit, in der Nähe von Brasilia. Nach einem Abstecher zu den Iguaçu-Wasserfällen besuchten sie in der Stadt Votuparanga die Heilerin Dona Edelarzil Munhoz Cardozo. Lucius schrieb im Newsletter:

Die ganze Anlage wirkt eher vernachlässigt und ist von aussen in keiner Weise als ein besonderer Ort erkennbar. Keine Tafel oder sonstige Hinweise deuten am Eingang auf Edelarzils Tätigkeit hin. Etwa 70 bis 100 Hilfesuchende sind an diesem Tag vor Ort. Wir sind die einzigen Ausländer. Die meisten Hilfesuchenden scheinen organisiert mit kleinen Reisebussen aus Sao Paulo gekommen zu sein. … Alle Besucher tragen ihre Namen in ein aufliegendes Büchlein ein. Es gibt keinerlei Informationen zum zeitlichen Ablauf des Tages. Die Leute werden einzeln aufgerufen und treten in eine Art Büro, in dem einer von Edelarzils Söhnen im weissen Kittel sitzt. Er erklärt uns das Prozedere. Für jede Person, die behandelt werden soll, kauft man ein grosses Stück Watte. Wir kaufen Watte für uns, unsere Söhne sowie zwei Freundinnen der Familie. Die Watte kostet 25 Reais pro Person, das entspricht rund sechs Franken. Für jede Person, die eine Materialisation erhalten soll, erhält man einen Plastiksack, der gestempelt wird mit »Materialização« und mit dem Namen der jeweiligen Person versehen ist. Daraufhin begibt man sich wieder in den überdachten Unterstand, der an die Kapelle grenzt und zerpflückt das kompakte Stück Watte in kleine Stücke. Dabei soll man möglichst intensiv an das denken, was man verändert oder geheilt haben möchte respektive an die Person, für die man es stellvertretend macht – eine Art meditatives Gebet.

Die Watte sei ganz weiß gewesen, erzählte Lucius, ein kleiner Hügel, aber eigentlich viel zu klein für das, was dann auftauchte.

Die eigentliche Zeremonie beginnt mit mehreren längeren christlichen Gebeten – das Vaterunser, Ave Maria und mir unbekannte Gebete – gefolgt von Gesang; die meisten Anwesenden murmeln die Gebete mit. Dona Edelarzil scheint bei normalem Bewusstsein zu sein, es ist kein Trancezustand erkennbar. Anschliessend werden die Besucher einzeln aufgerufen und treten vor sie. Das Geschehen ist bizarr. Zuerst sagt man den Namen der Person für die die «Behandlung» bestimmt ist und dann greift Dona Edelarzil in die Watte und zwar nicht tief hinein, und holt Unmengen Zeugs heraus. Knochen, Kerzen, Puppen, ein in Plastik eingeschweisstes altes Tierorgan für mich und allerlei weitere, eher gruselige Objekte. Diese wirft sie in einer Bewegung auf Zeitungspapier, in das sie von einer Helferin eingerollt werden und in einem Plastiksack verstaut werden. Klaus Schubert hat berichtet, dass er beobachtet hat, dass sie nicht immer in die Watte hineingreifen würde, sondern dass die Objekte sich zuweilen in der Luft oberhalb der Watte bilden würden. Darauf deutet auch ein Foto, das Hans Schär gemacht hat, auf dem zu sehen ist, wie ein Objekt in der Luft oberhalb der Watte schwebt. Nachdem man sein Päckchen erhalten hat, verlässt man den Raum. Draussen ist eine Patentochter von Edelarzil, die uns die Bedeutung der Objekte erklärt. Es gibt ein Merkblatt, auf dem die Bedeutung der materialisierten Objekte beschrieben ist, die in der Regel auftauchen. Es handelt sich um eine Liste mit rund 140 Objekten.

Wir haben beobachtet, dass viele der Besucher die nicht zum ersten Mal vor Ort sind, ihre Säcke gar nicht öffnen und die Objekte betrachten, sondern sie unverzüglich auf einem bereitstehenden Karren deponieren. Es scheint sie nicht zu interessieren um was es sich handelt, es geht einzig darum, dass damit etwas gelöst werden soll. In aller Regel sollen die Objekte das Gelände nicht verlassen, sondern werden dort vergraben oder verbrannt. Wenn jemand ein Objekt mitnehmen will, muss er sich vorgängig an eine der zuständigen Personen wenden. Um die Behandlung zu vervollständigen sollen die Hilfesuchenden anschliessend einen Monat lang Gebete sprechen.

Ausser dem Merkblatt, auf dem die Bedeutung der am häufigsten auftauchenden Objekte beschrieben wird, gibt es keine Erklärungen, bei den einheimischen Besuchern aber anscheinend auch keine Fragen. So wie ich das Geschehen verstanden habe, handelt es sich um ein heilendes Reinigungsritual und bei den Materialisationen um Objekte, die für negative Einflüsse, schwarze Magie oder ein gesundheitliches Problem stehen, das durch die Materialisation ans Licht gebracht wird und durch die Vernichtung der Objekte gelöst werden soll. Bei unserem Besuch materialisiert sie eine grosse Anzahl Objekte, deren Gesamtgewicht ich auf mehr als hundert Kilogramm schätze. Eine eindrückliche Menge, vor allem wenn man hochrechnet, wie viele Tonnen in den fünf Jahrzehnten, in denen sie diese Arbeit fast täglich ausführt, zusammengekommen sind.

Bekannt geworden sind auch die Materialisationen von Sathya Sai Baba (1926-2011), die der isländische Parapsychologe Erlendur Haraldsson untersucht und worüber er das Buch Modern Miracles geschrieben hat. Der Autor führte neun Interviews mit Sai Baba und wurde natürlich kräftig angegriffen. Aber Haraldsson hat immer vor Ort recherchiert (früher war er dpa-Journalist wie ich): Er ist ein Kämpfer. — Materialisationen treten auch oft bei Séancen von Kai Mügge und anderen auf, die in Basel regelmäßig zu Gast sind. Und gibt man Materialisationen als Suchbegriff bei manipogo ein, wird man auf 16 Artikel hingewiesen. Oft geht es dabei um sich materialisierende Verstorbene bei Séancen von Alec Harris. Das ist eines der verrücktesten Phänomene unserer menschlichen Existenz, und wenige Parapsychologen haben sich damit beschäftigt. David Fontana und Arthur Findlay waren zwei von ihnen.

 

 

 

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