Die Kino-Schule „Gian Maria Volonté“

Es kann im Mai 2011 gewesen sein, dass mich Romano durch ein verlassenes Gebäude im römischen Stadtteil Magliana führte, das eine Schule für Kino werden sollte. Nun ist die Scuola d’arte cinematografica Gian Maria Volonté in Betrieb. 75 junge Leute können in zweijährigen Kursen alles lernen, was man braucht, um einen Film zu drehen. Romano ist hier in der Verwaltung tätig.

Tom Cruise: »What exactly do you want, Stanley?«
Kubrick: »I want the magic.«

Die Schule mit einem Jugendbildnis Volontés

1924 wurde in Rom das Istituto Luce gegründet, 1935 das Centro sperimentale di Cinematografia, und 1937 wurde Cinecittà eingeweiht, ein magischer Name für Cineasten. Auf diesem Studiogelände im Südosten der Stadt entstanden zunächst, noch vor dem Zweiten Weltkrieg, Komödien. Damit war Rom die Film-Hauptstadt Italiens. In den Jahren nach dem Krieg war zunächst Roberto Rosselini (1906−1977) mit seinen Filmen Rom, offene Stadt, Paisà und Deutschland, Stunde Null hervorgetreten. Cinecittà wurde zwar im Krieg beschädigt, doch dann kam seine große Zeit – von 1951 bis 1963. 

Quo Vadis? von Mervin Le Roy wurde damals dort gedreht, Krieg und Frieden von King Vidor und Ben Hur von William Wyler.  Viele Hollywoodstars ließen sich in Rom nieder, und in diesen Jahren entstand auch La dolce vita von Federico Fellini (1920−1996)  mit dem unvergleichlichen Marcello Mastroianni (1924−1996; auf dem Bild rechts). Das Ende der heroischen Epoche kam mit dem großen Flop des Films Cleopatra von Joseph L. Mankiewicz (1963).  

Danach folgte das Jahrzehnt der erfolgreichen »Spaghetti-Western«, die Sergio Leone begründete. In den 1970-er und 1980-er Jahren schufen italienische Regisseure bemerkenswerte engagierte Filme, die sich mit dem Terrorismus und dem Familienleben auseinandersetzten. Besonders Francesco Rosi und Ettore Scola sind hier zu nennen, und Scola ist nun der Spiritus rector der Schule in der Magliana. Der 81-Jährige  schaut auch öfter nach dem Rechten.  

Der Namenspatron der Schule, Gian Maria Volonté, war einer der renommiertesten Schauspieler der Nachkriegsgeneration. Er wurde 1933 in Mailand geboren und wuchs in Turin auf. 1959 debütierte er in Triest als Fürst Myschkin in Dostojewskis Der Idiot und spielte auch den Romeo in Shakespeares Romeo und Julia. Der Durchbruch kam 1964 mit einer Rolle in Für eine Handvoll Dollar. In den 1970-er Jahren brillierte Volonté in Il Caso Mattei, Lucky Luciano und Christus kam nur bis Eboli, alle gedreht von Francesco Rosi (geboren 1922). Bei den Dreharbeiten zum Film Der Blick des Odysseus von Theo Angelopoulos starb Gian Maria Volonté bei den Dreharbeiten in Griechenland im Dezember 1994 an einem Herzinfarkt.  

Die ihm gewidmete Schule bildet in allen Sparten aus wie nur ein weiteres Institut in der Stadt. Insgesamt gibt es zehn Kino-Schulen in Rom, das seine Filmgeschichte nicht vergessen hat. Damals in Rom besuchte ich regelmäßig ein Filmmuseum in der Nähe des Bahnhofs Trastevere und der Testaccio-Brücke (wo Pasolinis Film Attaccone spielte; auf dem Bild der Autor und Romano Puglisi.)

Innen waren in einem weitläufigen Saal alte verstaubte Filmkameras und Vorführapparate aufgebaut, und an den Wänden hingen Plakate vieler erfolgreicher Filme. In einem Raum lagerten Hunderte Videokassetten. Alles atmete den Geist der schönen 1960-er Jahre. Ein sympathischer älterer Herr leitete das Museum und die wenigen Besucher durch die Sammlung. Mit ihm hatte ich mich angefreundet, und bei ihm durfte ich alte Filme anschauen. Er deutete an, das Museum werde wohl bald aufgelöst oder erhalte neue Räume.  

Niemand weiß, wo die Sammlung geblieben ist. Romano sagte, er würde sich einmal umhören. Heute ist in dem Bauwerk mit seiner Fassade aus dem 19. Jahrhundert ein Supermarkt ansässig. Und die heutigen italienischen Filme? Sie sind meist belanglose Liebes- und Alltagskomödien.

2 Kommentare zu “Die Kino-Schule „Gian Maria Volonté“”

  1. Romano

    Reportage preciso e puntuale della visita alla scuola “Gian Maria Volonté” dell’amico Manfred Poser. Mi ha anche rinfrescato la memoria della storia del cinema italiano dal secondo conflitto mondiale ai giorni nostri.

    (Auf Deutsche Sprache)
    Sehr praezis und punktuell die Reportage von dem Besuch in der Schule “Gian Maria Volonté” meines Freundes Manfred Poser. Er hatte mich auch ein “refresh” gegeben an meine Erinnerungen von der italienischer Cinema seit der Zweite Weltkrieg bis heitzutage.
    Romano Puglisi

  2. Romano

    (in italiano)
    Reportage preciso e puntuale della visita alla scuola “Gian Maria Volonté” dell’amico Manfred Poser. Mi ha anche rinfrescato la memoria della storia del cinema italiano dal secondo conflitto mondiale ai giorni nostri.