Große Freiheit T 2
Alte Autos, vornehmlich Volvos, machen manchmal manipogo unsicher. Kann ich erklären. Als Radfahrer verabscheue ich zwar Autoverkehr, und die riesigen Fahrzeuge, die heute bewegt werden, halte ich für obszön. Aber das Auto hatte früher Seele und Bedeutung. Es war noch nicht veralltäglicht und gemein wie heute.
Und es gehörte zu unserer Lebensgeschichte. Darum wollte ich einen guten Bekannten, Jürgen, unbedingt mit seinem schönen alten VW »Buli« (Bus/Lieferwagen, zuweilen auch Bulli genannt) von 1971 fotografieren.
Legendär war der erste Typ 2 T 1, der von 1950 bis 1967 gebaut wurde: der Bus mit der geteilten Frontscheibe, der mit 26 bis 34 PS (unter-)motorisiert war. »Unser« Modell war der T 2, in 2,5 Millionen Exemplaren hergestellt von 1967 bis 1979, mit rund 50 PS versehen.
1978 waren Christoph, Andi und ich mit einem ähnlichen VW-Bus von 1974 losgefahren. Wir waren 21-jährige Studenten und hatten uns vorgenommen, in die Sahara hineinzufahren, und wir haben das auch geschafft, 6 Wochen waren wir unterwegs durch Tunesien, Algerien und Marokko. An einem Tag fraß sich der Wagen 15 Mal im Sand fest, und wir mussten buddeln und Lochbleche unterlegen.
Ich war der Dolmetscher, denn ich sprach französisch. Abends aßen wir vor dem Bus Ravioli, und dann schliefen wir zu dritt nebeneinander auf der Ladefläche, denn er war nicht ausgebaut wie Jürgens Bus, dessen Schlafplätze unter dem Dach liegen.
20 Jahre später fuhren Helmut und ich mit seinem grünen VW-Bus in die Schweiz und nach Frankreich, um mit unseren Rennrädern die wichtigsten Pässe Europas hochzufahren: Galibier, Tourmalet, Furka, Susten, Julier und was sonst noch hoch und serpentinig ist. Großartig. Das war der T 3, der von 1979 bis 1992 gebaut wurde und in dem Wikipedia-Beitrag auch in Grün zu sehen ist.
Jürgen und seine Frau haben ihren Bus wohl vorvergangenes Jahr gekauft und ihn schon ein paar tausend Kilometer durch Europa gefahren. Manchmal bleibt er stehen, darum haben sie das Buch So helfe ich mir selbst stets im Gepäck nebst Werkzeug. An diesem Auto kann man tatsächlich selber Hand anlegen, wenn man es versteht.
Ein alter Bus verkörperte für uns damals die große Freiheit. Das eigene Haus dabeihaben wie die Schnecke! Wegfahren von den engen Verhältnissen daheim, zum Pont du Gard tuckern oder an den Atlantik, mit der Freundin, Klappstühle und Rotwein vor dem rauschenden Meer ohne das Genöle der Eltern, und das Fahrzeug war dann auch die Liebeslaube und ein Instrument der sexuellen Befreiung, wie man hört.
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