Hala, Wolf und Richard

Nun wählen sie in den USA. Ab heute Abend, 21 Uhr, wird es ernst. Wir sollten bei CNN (Cable Network News) reinschauen: »CNN is live on the ground.« Seit Monaten sind sie das. Ich sehe mir regelmäßig den International Desk um 19 Uhr an, während ich koche und danach speise. In Atlanta im US-Bundesstaat  Goergia, am Hauptsitz des Senders, ist es dann 12 Uhr. Danach geht die Moderatorin sicher auch zum wohlverdienten Essen, nachdem sie gesagt hat: »Send me a tweet!« 

Darum kenne ich den dynamischen Richard Quest (jeden Abend um acht: »Quest means Business«) mit seiner Reibeisenstimme, den souveränen Alt-Experten Wolf Blitzer, die attraktive Inderin Isha Sesay und alle möglichen Korrespondenten. Von Montag bis Freitag moderiert Hala Gorani, eine Journalistin Anfang 40 mit syrischen Wurzeln, die, glaube ich, in Paris eine Wohnung hat. Am Wochenende sind andere dran. Da schalte ich nie ein.  

Ich schaue CNN ja nur wegen Hala Gorani. Ich bewundere sie. So ist das, wenn jemand zu Hause nur in seinen Büchern schmökert und vielleicht einmal eine Runde mit dem Rad fährt: Er findet im Fernsehen seine Bezugspersonen. Ich sehe  also, was Hala trägt (meist schwarz, manchmal blau wie gestern wieder, ganz selten rot). Vergangene Woche hatte man ihre Augen etwas dunkel geschminkt; das gefiel mir nicht so. Auf diesem Link liest man ihre Biografie und sieht (vor allem) ihr Bild.  

Ich finde sie toll. Sie hat Humor und Energie und alles im Griff. Nennt noch einmal kurz die Themen, lächelt, hält den Kopf schief, dann kommt wieder der nächste Spot. Dann ruft sie wie eine Löwenbändigerin wieder einen Korrespondenten auf, den Mann in Beirut oder Istanbul, der dann sein Statement in die Kamera abgibt. Am Ende kommt immer ein fragendes: »Hala —?« Was nun? Sie brauchen eine neue Frage und etwas Rückhalt. »Hala—?«

Mit der Wetterfrau Jennie Harrison verbindet sie Sympathie; die beiden plaudern gern ausgelassen. (Obwohl mir eigentlich Jennifer Delgado mit ihren Latino-Touch besser gefällt, latente Erotik, aber zu ihr hat Hala keinen so intensiven Draht.) Hala gibt allen Sicherheit. Sie ist »anchor« (Anker) oder besser:  »anchorwoman«. Immer mit Temperament und ganz persönlich. Da waren Qualifikationsspiele zur Fußball-Weltmeisterschaft, und sie sagte ironisch: »Die WM — ich kann’s ja kaum erwarten!«  

So entwickelt man fast familiäre Gefühle für die Mitarbeiter. Eine Konstante ist auch die junge Journalistin, die den Dow Jones mit ihrer etwas piepsigen Stimme kommentiert. Am Ende, kurz vor acht, muss es leider vorbei sein. Hala Gorani verabschiedet sie sich mit ihrem »Send me a tweet!« Das sagt sie zu Millionen; aber auch zu mir sagt sie es. Ich habe ihr noch nie etwas zugetwittert; Hala Gorani wird auch so wissen, dass sie wichtig ist für mich.   

Ein Kommentar zu “Hala, Wolf und Richard”

  1. Stefan

    Na, dann schick ihr doch endlich mal nen Tweet! Und mir gleich mit. „Es ist nur einen Klick entfernt…“