Das Jahrhundertrennen (3)

Heute wird es dramatisch. Die Helden messen sich in verschiedenen Kategorien, und wie in der Ilias von Homer arbeiten sie mit Tricks und mit Gewalt, denn auch die Freunde der Veteranenräder sind ehrgeizig. In Karlsruhe wird es auch Rennen geben. Wenn es geht, mache ich mit. Wo kann man schon mal Weltmeister werden?

Hochradweltmeisterschaft

Nahe der Startlinie tummeln sich die Hochradhelden.
Ein Dutzend Teilnehmer sind es, die da der guten Dinge harren.
Alma von Blankenhorn wusste schon zu vermelden,
was die Bayern planen, die nervös da mit den Hufen scharren.
„That never works“, meint Cranston: Das klappt nie.
Man müsse zu Beginn die Bayern schon ganz isolieren,
sie dürften nie nach vorn, aber was macht man da und wie?
Alma und Sandor sagen, sie würden schon etwas probieren.
Steisbein gibt sich als Schiedsrichter gleich zu erkennen
Zeigt seine Fahne, und alle gehen in Reihe, machen mit.
Zwölf Hochräder – elf Fahrer, eine Fahrerin – gehen ins Rennen,
stehn da nebeneinander, rechten Fuß am Aufstiegstritt,
wonach man elegant sich zieht empor auf seinen Sitz.
Dann tritt man und man tritt, bis alle dann ihr Tempo haben.

Ein Pfiff, sie rollen los, nicht grade wie der Blitz,
doch auch Giraffen brauchen lang, bis sie beschleunigt traben.
In die erste Kurve geht als erster Cranston, gefolgt von Pål,
dann kommen Nobel und Latigue und Wouters und dahinter drängt
das Zwei-Mann-Team aus Kanada, und einen langen Schal
trägt Larry, der sich leider unglücklich im Vorderrad verfängt
und es blockiert, und Larry Wanton fällt nun langsam, langsam hin,
rollt sich gut ab und hat sich nicht verletzt.
Sein Landsmann ist gleich solidarisch und fällt über ihn.
Auch er steht lässig auf, die Menge ist dennoch entsetzt.
Beginnt die dritte Runde, vorn ist Nobel, dieser Bayer,
Sandor ist dicht dahinter, Bachleitner fährt im Zickzack,
ja ist er denn besoffen, alle werden langsamer, o weia!
Sandor holt auf, doch erster noch ist dieser Herr im Frack.
Am End von Runde drei springt Steisbein auf die Bahn
Ruft „Disqualifikation!“ und gibt mit Fahne diesem Fahrer einen Hieb,
der schwankt und bremst, springt ab, sein Plan
vereitelt, Hochrad umgefallen und er auf der Strecke blieb.

Die anderen nun rasen, holen auf, der Vorsprung aber ist zu groß,
die beiden treten wie zwei Nähmaschinen, nur zwei Kurven noch
plus Hindernis: denn Alma ist zurückgeblieben, wenn sie auch fuhr famos
und füllt zwischen den Führern und Verfolgten gut das Loch.
Sie blickt sich um, als Nobel einen Angriff tut
Und lenkt nach rechts, der Bayer bremst, er lautstark sich beschwert
Dieweil auf der nun freien Innenspur der Ungar Sandor Derty gut
und kräftig antritt, seinem klaren Sieg im Ziel entgegenfährt.
Großer Jubel! Doch es muss ein Nachspiel geben.
Staller reißt Steisbein die Fahne aus den Händen.
„So geht das nicht, was haben Sie getan, was war das eben?
Misshandlung eines Fahrers, muss das so enden?
Disqualifiziert sind Sie!“ Und Steisbein sagt: „Es ist ja eh vorbei.“
Nobel schreit: „Man hat mich wohl behindert, mir den Sieg geraubt!“
Alma sagt kühl: „Ihr Angriff hat mich sehr erschrocken, und dabei
Hab meinen Lenker ich verrissen, mich im Staube schon geglaubt.“
Wer wird die schöne Frau denn einer Lüge zeihen?
Zähneknirschend, wütend verlassen die zwei Bayern diesen
blamablen Ort. Sandor Derty wird als Hochradweltmeister man weihen,
nun fließt schon der Champagner, und beim Ungarn Freudentränen fließen.

Die Exoten

Siegerehrung später. Neue Autos treffen ein und werden abgestellt
am Rand von irgendwelchen Wegen. Auch Omis lenken kleine Wagen,
die dann umzingeln bald das für die Siegerehrung aufgebaute Zelt.
„Und so wird alles Motorsport“, seufzt Rudi. „Wer kann das ertragen?
Der Radfahrer ist frei, den Autofahrer in dem Kasten keiner gleich erkennt.“
Steisbein geht vorbei und wirkt niedergeschlagen.
Rudi ruft: „Das war schon richtig, wir brauchen Leute mit Temperament!
Wer andre hindert, vorzukommen, muss es fühlen, darf man’s sagen?“
Steisbein bleibt stehen: „Frau Alma hat es ebenso gemacht
und kam davon, das war nicht richtig und nicht ethisch.“
„Sie hatte eine Antwort, gut hat sie’s gedacht.
Das Böse schlägt man nur mit Tricks, die sind pathetisch.
Sie zeigten hier die Leidenschaft der Wissenschaft, man wird verzeihn,
nehmen Sie doch einen Logenplatz ganz nah am Ziele ein!
Wir stehn vor dem Exoten-Rennen, da geht schon noch ein Bier!
Denn die Heroen sind schon hier.“

Herr Terezin mit seinem Laufrad hat da keine Chance,
es gibt kein zweites, also keine eigene Kategorie.
Das Dreirad von achtzehnachtundachtzig lenkt der Hans
Aus Fürth, das „Bantam“ aus demselben Jahr der Wälti, der noch nie
Ein Rennen mit dem Ding bestritt. Ein altes Tandem steht bereit,
bei dem die Dame vorne sitzt, die Straße vor sich hat
und hinter sich den Mann, an sich ein Seidenkleid.
Auch Sofia Komorovna sitzt auf einem antiquierten Dreier-Rad,
das Ende neunzehnten Jahrhunderts sehr beliebt bei Frauen war.
Claude lenkt den schnittigen und schnellen Jaray-Lieger
Ein Winzlingsrad, auf dem Pål Janssen sitzt, vervollständigt die Schar,
in der man keine Wetten abschließt auf den künftgen Sieger.

Carl Reuss gibt seinen Startschuss, und die kleine Gruppe wälzt sich los.
Drei Runden. Es sieht lustig aus, wie alles schleppt sich ums Oval,
Der Mann mit seinem Laufrad jagt schon vor wie ein Geschoß.
Dann schließt ein Dreirad auf, stark fährt die Sofia diesmal, besser als Pål.
In Runde zwei jedoch hat sich die Lage schon geklärt.
Die Tandems haben nun die Spitze übernommen,
dahinter rudert Wälti mit dem Bantam, und auch bewährt
hat sich schon Claude auf Jaray, klar, der würde kommen.
Nun Runde drei. Das Tandem müht sich, fällt aber zurück,
doch beide lachen, Jacques und Natalie.
Der Hans mit seinem Dreirad hat kein Glück,
stattdessen eine Panne: Die Kette streikt, das hatte er noch nie!
Pål tritt da wie ein Irrer wild dahin, das Rad ist kaum zu sehen
Und Vaclav überholt ihn locker, wobei er schneidig salutiert,
die Frauen sind weit hinten, ebenfalls kaum zu erspähen,
und auch das Tandem mit der Frau im Seidenkleid verliert.
Wir sehn den Zieleinlauf: Triumph der Appenzeller,
Wälti mit dem Bantam, mit der Kurbel dort am Vorderrad,
kämpft gut, doch Claude mit Jaray-Liegerad, der ist einfach schneller,
tritt noch einmal energisch, übers Ziel, geschafft ist seine Heldentat.
Vaclav Terezin mit seinem Laufrad landet unter ferner liefen,
Pål Janssen wird bejubelt, er trat in die Pedale wohl am meisten,
doch wollen wir die Reihenfolge nicht vertiefen,
schön war’s zu sehn, was diese netten Leute leisten.
Sie steigen ab, ermattet, geben sich die Hände.
Applaus erhebt sich, man macht viele Fotografien,
bestaunt die Räder, diskutiert das heiß umkämpfte Ende;
der Preis wird nach dem letzten Rennen erst verliehen.

Exoten zwei

Zwanzig Minuten noch bis zum Normalrad-Wettstreit.
Da nähert sich vom Campingplatz mit Pauken und Trompeten,
möchte man sagen, ein bunter Zug. „Leute, seid bereit!“
schreit jemand in ein Megafon, „ihr werdet nun gebeten,
bei einem zweiten Rennen von Exoten zuzusehen
mit Helden, die in ihren Ländern ihren Alltag mühevoll bestehen.
Angesiedelt sind sie in recht fernen Kontinenten
Und haben Fahrrädern aus seltsamen Komponenten.
Ob die auch fahren? Sehn wir gleich. Ihr lieben Damen,
es ist ein Spaß, und dennoch warten auf euch Dramen.
Wir wolln den Wettbewerb hier nicht verzerren,
sind außer Konkurrenz, ihr sehr geehrten Herren.“

Verwunderung. Hinter dem Clown drei Ponies traben,
vier Schäferhunde und vier Katzen, und sie schwenken ein,
zur Rennbahn hin, auf der sich bald die Helden aufgebauet haben.
Bunter kann keine Startgruppierung sein!
Die gelbe Rikscha von Mahindi aus Jaipur,
das alte Russenrad aus Tscheljabinsk von Wladimir,
ein altes Wüstenrad der glutäugigen Nur,
der Sprecher kommentiert und zeigt: „Und ihr seht hier:“
Sue mit einem Chinarad, an dem die Totenköpfe baumeln.
Mit einer Schnur zieht sie mit sich einen recht kleinen Sarg.
Wer das sieht, gerät garantiert ins Taumeln.
Schwarz vermummt ist sie, die Voodoo-Priesterin, ja, das ist stark!
Da ist Bellaire, Uganda, auf ihrem rosa Fahrrad mit dem Blütenschmuck,
und neben ihr steht Steve mit seinem Fixie aus der großen Stadt,
betrachtet liebevoll die Schöne mit dem Zöpfchen-Look,
er, der Modellathlet, der eingeölte Muskeln hat.
Beim Rennen keine Chance sieht wohl das Rad für den Transport,
alte Kiste, sehr verrostet, die eine andre alte Kiste trägt,
Für Hassan, einen Wüstensohn aus Mali, ist’s nicht Sport,
sondern der Broterwerb, der zudem seinen Alltag prägt.
Da träumt Mahmud aus Kairo, auf dem Gepäckträger eine Kiste Eier,
oben am Lenker einen Sixpack mit schweren Getränken.
Es drängt sich unvermittelt vor Herr Nobel, unser Bayer
Und ruft: „Was werden da die Leute denken?
Scheucht diese Kreaturen fort, die Rennen sind kein Spaß,
und Bachleitner schwingt seine Faust und brüllt:
„Verschwindet, oder gleich setzt’s was!“
Es folgt ein „Buh“, die Ränge sind gefüllt,
„Verschwinde du, du Depp!“ ruft einer, und es segelt
ein Hot Dog ihm an seinen Kopf, da wird er blass.
Steve greift nun sich Nobel, schnell hat er das geregelt,
Und setzt ihn in die Rikscha, „hab viel Spaß!“
Bellaire geht dann zu Bachleitner und hängt ihm eine Blütenkette um,
gibt ihm zwei Küsse auf die Backen, und er wird ganz rot.
Es fährt ein dünner Mann, verkleidet als Pirat, herum
auf einem Wilier Rennrad, den nicht alle sehen können, da er ist tot.

Rudi ruft, er ist der Starter: „Fahrt los, es sind drei Runden!“
und alle fahren, ganz gemächlich, winken, lachen,
als hätten sie viel Zeit, o Gott, so dauert das ja Stunden!
Ein Mann spielt mit der Handharmonika orientalische Sachen.
Nach einer Runde tauschen Steve und Bellaire ihre Räder.
Wladimir fährt auf der Wiese, Sue streut Salz ins Publikum,
damit die Zombies sie nicht angreifen, und später
probiert der Steve die Rikscha, schon ist die zweite Runde um,
er führt, doch blickt sich um und lässt die andern ran.
Bellaire wirft Blüten in die hoch erfreute Menge.
„Was ist das für ein Rennen?“ fragt laut ein erregter Mann.
Rudi sagt laut: „Das ist das Leben, sehn Sie‘s nicht so strenge,
so sollt es sein, auf dieser Welt helfen wir uns gegenseitig,
die Konkurrenz, der Hass und Krieg, die laufen anderweitig.
Wenn’s allen besser geht, wird Leben zum Vergnügen,
Wir lieben und wir helfen uns, damit dann alle siegen.“
Am Ende von der Runde zwei legt Hassan plötzlich los,
der mit der Kiste, überspurtet alle andern, ist auf der Gerade,
die Menge johlt, und Hassan ballt die Faust, was macht der bloß?
Dann hält er an, erschöpft und keucht; das ist aber schade.
Nur aus Niger zieht nun ab, hat völlig freie Bahn.

Wladimir gerät an den Sarg am Rad von Sue und fällt.
Der Sarg fällt auch, schlägt um, wie ein geborstner Kahn,
geborsten von der Wellen Kraft, und ganz zerspellt,
gebrochen wie der Kahn liegt da im Sand ein menschliches Skelett.
Ein Aufschrei aller Leute! Sue legt dem Skelett die Arme unter
und breitet es fast zärtlich in sein transportables Totenbett.
Ein Zuschauer kennt keine Angst, kommt schnell herunter
und hilft mit einem optimalen Ding: mit einem Gurt,
(später erfährt man, dass es war der Totengräber von Karlsruhe-Durlach),
mit dem wird rasch der Deckel auf den Sarg gebunden, alles festgezurrt.
„Jetzt los!“ ruft er, und Sue küsst ihn und radelt los, gemach.
Die Siegerin scheint klar, doch nun, was macht sie, Nur?
Hält an und bindet sich den Turban neu. Die andern rollen schon heran.
Sie macht den Radlern Platz, von Ärger bei ihr keine Spur,
sie lächelt sogar, wo sie doch an einem großen Sieg war nahe dran.
Die Runde drei, sie endet, ein bunter Haufen drängt in Richtung Ziel,
und Hände heben sich und klatschen, ein geräuschvoller Ton,
das Durcheinander ist über die Linie, vorbei das Spiel,
„Wir danken, ihr wart toll!“, ruft noch der Mann am Megafon.
Nobel steigt aus der Rikscha und verbeugt sich mit Anmut,
Staller eilt her und küsst Bellaire auf beide Backen,
Mahindi stürzte mit seinem Fixie, nun das Hinterteil ihm wehtut,
und Rudi geht zu Sue, doch kriegt die Zauberin er nicht zu packen.

Nun will ein jeder die verrückten Räder sehen, groß der Jubel,
eine Traube Menschen drängt sich um die Helden aus der Ferne.
Auch Peter Rogoff stürzt sich mannhaft in den Trubel,
macht nochmal dreißig Fotos, bitte Interviews, ach gerne,
kann jemand übersetzen? Bellaire spricht von dem „Buffalo“,
das grad in Afrika beliebt und häufig anzutreffen sei,
das ein US-Mäzen, ein Fahrradmanager aus Chicago
bauen und vertreiben habe lassen, und man vergesse dabei
sehr leicht, dass er, der gute Mensch, die Reise
aller zwölf Exotenfahrer von weit her habe finanziert‘,
denn Mensch und Rad sei‘n eins, auf diese Weise
man etwas Internationales spürt,
denn „alle sind wir Menschen, ist’s nicht wahr?
Wir nehmen euch nichts weg, wir wollen leben, ist doch klar,
Was stören Hautfarbe und Glaube, atmen wir nicht gleich?
Und es ist Platz für alle in Allahs und eures Gottes Reich.“
Nobel und Bachleitner stehen plötzlich mittendrin
Und sprechen auch ein paar englische Worte.
„Die sind ja nicht so übel“, sagen sie, „der Tag war ein Gewinn.
Sind gute Leute, halt von einer andren Sorte.“

Rudi greift sich nun die Tüte, durch die man sprechen kann.
„Bald fängt die multikulturelle Party an.
Kommt alle so um sieben zum Camping am See!
Da gibt es Tropenbier und Wüstenwein, und Rum und Kräutertee,
Hühnerfleisch und Chili, Hot Dogs und Kous-Kous,
und dazu Slibowitz und Wodka, Sake und Kaffee mit Schuss,
Musik aus Indien, dem Orient und Kuba:
So eine Fete in Nordbaden war noch nie da!“

Normalradrennen

So ziehen alle tanzend und auch singend ab, um vier.
Alsdann wird es schon wieder ganz solide und normal, das Rennen
der Drahtesel und Stahlrösser beginnt gleich hier
Ein paar der Starter kann man gut erkennen.
Ludwik Stich und Stan Teagarden sind eine Schau
mit Strohhüten und mit gestärkten weißen Hemden,
beide mit neunzig Jahre alten Rädern in gediegnem Grau,
Bata und das Sunbeam, aus England: Wolverhampton,
Fjodor Bykow lenkt nen alten Rover, so einen, wie ihn Tolstoj oft bestieg,
Anne Savognin und Dorothy Tillingham wirken wie Schwestern,
auf den zwei gallischen und grünen Hirondellen aus der Zeit vorm Krieg
mit ihren Westen, schwarzen Hüten, hohen Stiefeln wie im Western.

Terry Twain fuhr immer Hochrad, bis er eines Tags zu Boden flog.
Er trägt heut Mantel und Zylinder und Handschuhe aus Leder.
Twain liebt das Ausgefallene, was ihn bewog,
aufs Dursley Pedersen zu steigen, bei dem mittels einer Feder
das breite Band aus Leder zwischen Mittelrohr und Lenker schwingt,
auf dem der Fahrer sitzt, der mitschwingt, was ist sehr bequem
und obendrein etwas erotische Erregung bringt,
womöglich; Terry hält das dänische Modell einfach für angenehm.
Auch Jacques Dutronc und seine Freundin Natalie
Haben zwei Partnerräder – mit Vollgummireifen,
Cadre Croix von achtzehnsechsundachtzig, ach, wie
filigran sie wirken, aber schwer zu fahren sind sie, mit den steifen
und harten Rädern, jeder Stoß tut weh, und irgendwie
wirken die stählernen Franzosen wie zusammen leicht geschoben
in ihrer Optik; weil sie alt sind, weiß man nie,
ist das ein Zufall oder haben sich die Räder einfach überhoben.
Auch Rudi, kaum zu glauben, macht mit bei dieser Konkurrenz.
Claude hat ihm nochmal das rote Tebag überlassen, einen Renner,
der in den Dreißgern bei Rennrädern etwas war wie ein Mercedes-Benz.
Der Ferdy Kübler feierte damit seine Triumphe, und wenn er
damit im Ziel war, dann freut‘ er sich, so hat sein Siegeszug begonnen.
Acht Jahre vorher hatte Rudi in der Westschweiz
Mit diesem Fahrrad das Jahrhundertrennen glatt gewonnen,
mit emsiger, besessner Fahrt am See, das hatte seinen eignen Reiz.

Carl Reuss tritt an, gemahnt zur Ruhe: „Drei, zwei, eins und – los!“
Drei Runden wieder. Schon sind die Männer vorn, die haben Ehrgeiz.
Fjodor und Terry, Jacques und Rudi zeigen ihren Antritt ganz famos.
Elsbeth, die wir fast vergessen hätten, hält mit, und sie kommt aus der Schweiz,
besser: vom Kanton Appenzell, die andern bleiben schön kompakt
und bilden ein „Gruppetto“, der Vorsprung der fünf ersten ist beträchtlich.
Terry und Fjodor halten gut ihr Tempo und fahren im Takt,
Jacques mit dem alten Vollgummirad kämpft, und Rudi zeigt sich schwächlich,
auch wenn man meint, dass er mit Absicht langsam fährt,
er weiß, er hat das schnellste Rad, will sich nicht produzieren,
lässt sich von Anne, Dorothy, Ludwik und Stan einholen, und das mehrt
den Spaß des Rennens, in dem keiner kann verlieren.
Die Runde drei beginnt, die letzte. Fjodor schwitzt und gibt nun alles,
Terry federt auf dem Lederband und fällt langsam zurück,
Elsbeth dreht wieder auf, daneben Anne Savognin. Angreifen, im Fall es
vorkommt, dass Bykow mit dem Rover eine Krise kriegt, das wär ein Glück.
Der Russe ist sich seiner Sache sicher, ist auf der Zielgeraden,
als Anne sich ein Herz fasst und beschleunigt, sie ist jung.
Vladimir blickt nur nach vorne, zwei Mal dürft ihr raten:
Von hinten schießt die Churerin herbei, mit Teufelsschwung,
sie wirft sich vor und dirigiert das Rad mit starken Armen
und überholt und hat im Ziel knapp einen Reifen Vorsprung.
Fjodor erwacht aus seiner Trance und flucht nun zum Erbarmen.
Für ihn, den Russen, ist es eine ziemliche Demütigung.

Dann ein nun treffen, in der Reihenfolge, Terry, Elsbeth, Stan,
und eine Gruppe mit Dorothy, Rudi und dem Ludwik,
und dann noch Jacques und Natalie, die Königin, la petite reine,
die Augenweide für des letzten Rennens Augenblick.
Anne röchelt, ringt nach Luft, dann hebt sie stolz die Hand.
Fjodor geht, sie zu umarmen, es war ein fairer Streit.
„Ein Sieg für eine Frau, wir sind nun anerkannt!“
Das gab’s noch nie, man freut sich, ja, es wurde Zeit.
Alle stehn rum, alle umarmen sich, man hält das Rad mit einer Hand,
und wischt den Schweiß sich von der Stirn, und es herrscht Freude.
Ein sanfter Hauch legt sich über das ganze Land.
Das sind schon, sagen alle, ausgefallne und ganz tolle Leute.

Wow, wieviel Geschehen! Es folgt die Siegerehrung und eine riesige Party!

 

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