Die besondere Beziehung

Die Liebe wird oft angeklickt, darum mehr davon. Die romantische Beziehung ist die Erfüllung aller Träume; auf dem Wunschzettel steht die Märchenprinzessin/der Märchenprinz. In Filmen und Romanen geht es bloß darum, schlecht könnte es einem werden. Aber was spricht gegen die Hochzeit in Weiß?

Marianne Williamson (geboren 1952) schrieb 1992 A Return to Love und trat in der Oprah-Winfrey-Show auf, was ihr Buch und das, worauf es sich stützte − die New-Age-Bibel A Course in Miracles, als angebliches Diktat aus einer höheren Dimension 1976 erschienen – zu Millionensellern machte.

In 90 Seiten daraus (in A Return to Love) geht es um Beziehungen. Die Argumentation bei Williamson ist klar:

›Gott schuf nur einen eingeborenen Sohn‹, und Er liebt uns alle als eins. Für Ihn ist niemand unterschieden oder besonders, weil in Wirklichkeit niemand von irgend jemand anderem getrennt ist. Da unser Friede darin liegt, zu lieben, wie Gott liebt, müssen wir danach streben, alle zu lieben. Unser Anspruch, eine »besondere Person«zu finden, einen Teil der Sohnschaft, die uns vervollständigen wird, führt zu Verletzungen, weil er trügerisch ist. Er bedeutet, dass wir Erlösung in der Trennung suchen statt in der Einheit. Die einzige Liebe, die uns vervollständigt, ist die Liebe zu Gott, und die Liebe zu Gott ist die Liebe zu allen.

Man fühlt sich unbedeutend und fehlerhaft und will durch eine Liebschaft sich emporheben. Wir sind aber schon perfekt, erinnert uns Marianne Williamson, und eine echte, gute Beziehung entsteht, wenn zwei in sich ruhende Wesen, die sich als eigenständig und gut begreifen, sich zusammentun, um zu zweit Segen in die Welt zu bringen; denn jedes Glück eines Paares teilt sich der Welt mit. Das ist ein jüdischer Gedanke (unser Tun wirkt auf die Götter ein). Im Judentum ist die Solistin, ist der Junggeselle unvollständig, sie brauchen ihre Ergänzung.

Ob eine Beziehung aus einer Mangelerfahrung heraus entsteht? Denken wir wirklich, dass uns der andere ergänzt und vervollständigt? Der Wunsch danach, geliebt zu werden und zu lieben, steckt in uns drin, wir denken nicht darüber nach und brauchen es auch nicht. Ein schönes Wesen erinnert an die Schönheit, man betrachtet es gern und möchte es in seiner Nähe haben, und es ist natürlich, dieses Wesen für sich gewinnen zu wollen.

Doch je weniger Religion bedeutet, desto mehr Gewicht wird auf die Liebesbeziehung gelegt; sie wird zu einem Ersatz. Die Gesellschaft mit ihren Vorstellungen übt Druck aus. Es wird erwartet, dass man jemanden an seiner Seite hat. Die Werbung ist sozial geregelt, man weiß, wie man sich zu verhalten hat. Man will sie rumkriegen, ins Bett kriegen; die Frau will vielleicht rumgekriegt oder ins Bett gelockt werden, und beide hoffen, dass dann etwas Wundersames geschieht, und meistens werden sie enttäuscht, weil die Menschen weniger originell und spontan sind, als man sie gerne hätte.

Der jüdische Rabbi braucht eine Frau, die aber ebenso gläubig sein soll wie er. Der katholische Priester muss sich dem Zölibat unterwerfen. Eine Partnerin zu haben heißt, ihr Zeit zu widmen, ja, ihr das Leben zu widmen, sie zu bewundern und zu umsorgen. Das wird zu Religion. Ich muss ihr sagen: Du bist die Tollste, bist meine Göttin, du oder keine.

Wie eine Göttin will sie mein ganzes Ich. Aber dann gibt es andere, die vielleicht genauso toll sind, und ich kann mich nie entscheiden, bin wie gelähmt, und alles gleitet vorbei, und überhaupt, ich habe Angst, mich zu binden und fesseln zu lassen, Angst vor Sex und davor, dass mein Denken und meine Energie abgelenkt werden, und dann auch Angst vor der späteren Trennung. Meine Schwester meinte: »Ach, dann lass es doch mit den Frauen!« Vermutlich hat sie Recht.

Eine Ein-Nacht-Affäre wäre das Richtige, aber dafür lebe ich in der falschen Zeit und im falschen Land und bin sowieso nicht der Richtige dafür, bin nicht Mr Right, aber Mr Right gibt es nicht, schreibt Williamson, und auch Mr Wrong nicht, wir hätten diese Konzepte in uns drin; der gute Partner soll mich nur befreien und fördern, ohne dies bewusst zu tun, das soll einfach so geschehen. Und wenn wir es lassen, dann können wir auch so tun, als ob wir es lassen würden. Es spielt alles keine Rolle, wenn wir uns nicht ernst nehmen. Das despotische Ego ist das Problemn.

In einem begegnet Marianne Williamson den buddhistischen Texten, die ich schätze: Beide betonen die Last unserer Vorannahmen und Vorurteile und lenken uns auf unsere Innerstes zurück. Wenn wir schon quatschen und unsere Meinung äußern müssen, dann sollten wir ein wenig präzise sein, aber heute wird man mit Klischees nur so bombardiert, dass man meint, jemand habe Nebelkerzen abgeschossen: jeder Begriff unklar und umwölkt und man kann nicht nachfragen, schon kommt die nächste Kanonade. Ich halte mich bloß noch an die Fakten.

Kommunikation an sich ist schon schwierig, und der grausame Druck der Erwartungen und dass wir nur hören, was wir zu hören gewöhnt sind, führt dazu, dass wir das Erwartete dann auch bekommen. Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt. Am besten reden wir weniger und lassen einfach die Körper sprechen. Die lügen nicht.

Marianne Williamson ist am 13. und 14. Oktober im Musical Theater Basel bei find your flow anwesend, einem Event für urbane Spiritualität, an dem auch Medien und Gurus wie Joe Dispenza, Gregg Braden und Gordon Smith teilnehmen. Bereits am 12. Oktober (von 10 bis 17 Uhr) hält sie in Münchenstein bei Basel ein Vertiefungstraining, Choose love over fear. Informationen beim Basler Psi-Verein.

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