Unser Trainer, unsre Elf

Das evangelische Trostbüchlein Die gute Saat, das für jeden Tag eine trostreiche Geschichte hat, machte sich am neunten September Gedanken über das Johannes-Evangelium: Jesus und seine Jünger. Dazu meine Gedanken und meine Predigt.

In der guten Saat heißt es:

Wie wird sich Jesus gefreut haben, als seine Jünger Ihm mitteilten, dass sie sich ganz zu Ihm halten wollten! „Wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist“, sagten sie. Doch sollten sie berücksichtigen, dass die Initiative nicht von ihnen ausging. Jesus war es, der die Zwölf zu seinen Jüngern bestimmt hatte. „Ihr habt nicht mich auserwählt, sondern ich habe euch auserwählt“, sagt der Herr später seinen Jüngern (Johannes 15,16). Eine ganze Nacht hatte Jesus im Gebet verbracht, bevor Er die Zwölf erwählte, „die er auch Apostel nannte“ (Lukas 6,12.13). Diese Zwölf waren sehr unterschiedlich und insgesamt nicht die edelsten aller Menschen.

Das fand ich plötzlich witzig, weil mir Jesus darin vorkommt wie Joachim Löw, der Yogi, der seine Nationalmannschaft zusammenstellt. Elf gute Leute braucht er, elf Freunde sollt ihr sein.

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Fußball kommt aus England, es ist das Mutterland des Fußballs, auf den Inseln herrscht ein anderes Maß- und Längensystem, krumm für unsere Begriffe, und daraus erklärt sich vielleicht die Elf. Denn elf ist auch eine krumme Zahl, denn sie

überschreitet die Zehn, die Zahl der Ordnung und des Gesetzes ― und sie erreicht nicht die Zwölf, die Zahl der Vollkommenheit.

So stand es in dem Beitrag Die Elf – Krise und Brücke von Wolfgang Held in der Zeitschrift a tempo, November 2009. Eilf hieß die Elf noch im Mittelalter, nach einlif, was bedeutet: eins ist übrig. Elf ist zehn plus eins.

Auch beim Fußball ist die spielende Elf eine 10 plus 1. Auch hier hat der Torwart eine Sonderstellung und trägt deshalb (meist) die Nummer 1 auf dem Rücken. Erst durch den Torhüter haben die zehn Feldspieler den Rücken frei.

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Jesus berief zwölf Apostel, eigentlich elf plus eins. Denn einer war der Teufel, Judas. Das treibt Theologen um. Warum berief Jesus Judas? Er musste doch wissen, dass dieser ihn verraten würde. War es ein Gnadenerweis? Ist Judas vielleicht unschuldig, weil einer es auf sich nehmen musste, den Herrn zu verraten? Ist er ein verkannter Heiliger, der sich aufopferte, um das Böse zu verkörpern? (Dante steckte ihn in den tiefsten Höllenkreis.) Dieser Gedanke wurde durchaus auch von Theologen geäußert.

Jedenfalls wurde dadurch die perfekte Zwölf beschädigt, und man weiß nicht warum. Die Elf ist laut Held eine Zahl der Krise, aber auch eine Brücke – sie vermittelt zwischen der Zehn und der Zwölf. In einer Zeit, die sich krampfhaft von Traditionen löst, ist sie neu zu Ehren gekommen, weil sie eben ungerade ist und eine Schnapszahl, die Interesse weckt. Da steckt aber mehr drin als bloß die Seltsamkeit.

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Ich bin an einem Elften geboren, darum ist mir die Zahl lieb und wichtig. Wir sollten jedoch nicht wie die gute Saat denken, dass man nirgends, auch in einem privilegierten Personenkreis, vor dem größten Verbrechen gefeit sei. Man solle sich auf Jesus Christus verlassen … aber wenn dieser selber … Vertrauen wir einander! Elf Freundinnen oder Freunde sollt ihr sein!

 

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