Fragen an die Toten

Khandi Alexander heißt die schöne Schauspielerin, die von 2002 bis 2008 in CSI: Miami die Gerichtsmedizinerin Dr. Alexx Woods verkörperte. Sie redete immer mit den Mordopfern, die sie zu obduzieren hatte. Die Ermittlungen übernahm dann Horatio Caine (David Caruso). Bei den australischen Ureinwohnern fand mitunter der Doctor den Täter, indem er das tote Opfer fragte.

ayersrockDavon berichtet Ronald Rose in seinem Buch Living Magic (später Primitive Psychic Power), das 1956 erschien (ein Jahr vor Khandis und meiner Geburt). Der Aborigne-Doctor heißt auch Clever-man, er ist Magier und Heiler in einem. Wenn die Todesursache Schwarze Magie gewesen sein könnte, lässt der Doctor Staub durch seine Finger rinnen oder schaut in den Rauch des Lagerfeuers, wobei er sich in leichter Trance befindet. Manchmal sah er dann das Gesicht des Täters. (Foto rechts: der Ayers Rock mitten in Australien. Fotograf Armando Basile, der derzeit vermutlich Australien durchquert).

Bei den Karnai schnitt er manchmal dem Opfer eine Hand ab, und nachdem er eine Frage gestellt hatte, deutete angeblich ein Finger in die Richtung, in der sich der Mörder aufhielt. Manchmal sprechen die Clever-men auch direkt mit dem Verstorbenen, wobei sie natürlich mit dem Geist des Toten in Verbindung sind. Ronald Rose, der mit seiner Frau Lyn seine Feldforschung betrieb, erfuhr von Joe Culham vom Mullanjarli-Stamm:

Oft habe ich gesehen, wie die alten Clever-fellows zu den Körpern sprachen, als diese zum Grab getragen wurden. Der Körper wurde, an einem Pfahl gebunden, getragen, wobei zwei Männer vorne und zwei hinten gingen. … Der Körper antwortete auch, er verdrehte sich. Als würde er sprechen, denke ich. Er sagte ihnen, was sie wissen wollten.

Einmal habe er es selber miterlebt. Er ging hinten und trug die Leiche mit, der Clever-fellow nebenher, und er fragte den Toten: Wer hat dir das angetan? Zeig uns den, der dich getötet hat. Culham sagte:

Ich war direkt hinter dem Körper, und ich sah, wie er sich bewegte. Ich spürte, wie sich der Pfahl auf meiner Schulter drehte. Und ich spürte, wie meine Schritte gelenkt wurden. Meine Schritte schienen mich zu führen, und die anderen sagten dasselbe. Ich konnte nichts dagegen tun. Wir folgten dem Weg, den uns die Leiche diktierte, und vor einem Mann hielten wir an. Ich sage dir, ich hatte Angst. Der Clever-man redete den Mann an und sagte: Du hast das getan. Du hast ihn umgebracht.

Der Mann sagte nichts. Später wurde er auch getötet. Manchmal sagte ein Licht die Wahrheit. Es erscheint über dem Grab des Verstorbenen und leuchtet drei Tage lang.

Clara Williams, die damals fast 80 Jahre alt war, erzählte den Ethnologen, sie sei klein gewesen, als ihr Onkel starb – verhext von einem, der ihn hasste. Niemand aber wusste, von wem. Sie hätten ihr Lager verlegt, da dessen mogwee gespukt habe, sein Gespenst, während als Geist der wogai bezeichnet wird. Sie sei schlafen gegangen und habe das Licht gesehen.

Alle sahen wir das Licht. Als es näher kam, sah ich das Gesicht meines Onkels darin. Es schwebte an mir vorüber und blieb vor einem Mann reglos stehen. Dann erlosch es. Am nächsten Morgen ging meine Tante zu dem Mann und sagte zu ihm: Du hast das getan? Hast ihn umgebracht? Uns wurde gezeigt, dass du es warst! … Der Mann lief weg, und wir haben ihn nie mehr gesehen. Es war das einzige Mal, dass ich das Licht sah. Meistens aber ist es der Clever-man, der den Täter findet, wenn ein Mord geschieht. Diese Clever-fellows wissen das immer, weißt du?    

Aus: Ronald Rose, Primitive Psychic Magic, Signet Mystic, New York, 1956

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