LU-LU

Das Auto bedeutet dem Bürger heute mehr als je zuvor. Damit zeigt er sich, es ist seine Visitenkarte und Träger von Bedeutung. Neben dem nicht unwichtigen Moment des Fahrzeugtyps können wir – wenn wir wollen – mit dem Kennzeichen etwas aussagen. Das wollen viele und tun es auch.

Natürlich gibt es die Scherzbolde, die (vermutlich gegen einen Aufpreis bei der Zulassungsstelle) das Signum ihrer Stadt sinnvoll zu einem Vierbuchstaber ergänzen. Ich war gerade in Mannheim, Ludwigshafen und Karlsruhe, und da kann man LU-LU sehen, MA-MA oder KA-RR (etwas ironisch, der Karren). Gefällig auch FR-AU (liest man öfter) oder M-OB, ach, tausende Möglichkeiten gibt es. KA-CK wäre meine Präferenz, oder LU-CK oder MA-NI.

Andere knallen ihr Geburtsjahr drauf. Von denen gibt es viele. Ihre Initialen noch dazu. Heißt: Das ist meiner. Das bin ich. Mehr sagt das nicht aus. Sie geben so bereitwillig eigene Daten preis, wie sie auf Facebook intime Fotos posten. Wieder andre halten es für originell, 3333 zu haben oder 8888. Das ist so sinnlos und heißt so ungefähr: Ich ich ich ich. Ich bin witzig. Bei Fomo hatte ich das schon erwähnt.

Das Auto wird zu einer Erweiterung meiner selbst. Kleidung drückt mich aus. Auch der Körper, der sowieso, der bin ich ja, wenn mir eine Seele wurscht ist. Auch der Körper wird modellierbar. Man geht den umgekehrten Weg: Statt am Bewusstsein zu arbeiten, verändert man dessen Gehäuse so, wie es dem Zeitgeist entspricht. Auch Tätowierungen sprechen. So viel Sehnsucht nach Ausdruck!

Gequatscht wird auf Twitter und Whatsapp, niemand kommt davon. Alles hitzig, Techno pocht, Ruhe nur im (kurzen) Schlaf. Dazu fällt mir nichts mehr ein, es scheint alles gesagt.

Oder doch nicht? Ich habe von einem Autokennzeichen geträumt, in der übernächsten Nacht nach dem Verfassen dieses Beitrags. Kam aus einem Urlaub zurück und fand mein Auto nicht mehr. Jemand brachte es mir, aber es hatte ein anderes Kennzeichen: statt dem vertrauten FR-M 8014 plötzlich FR-JPZ 7. Merkwürdig. Dieser Jemand sagte, auf dem alten Kennzeichen seien meine Delikte nicht aufgeführt gewesen. Meine Delikte?? Nun, in der Nacht direkt vor dem Traum hatte ich meiner Schwester erzählt, wie ich am Montag davor von St. Marie-aux-Mines nach Ribeauville hinunter ziemlich schnell gefahren war. Hinter mir war einer, den wollte ich abhängen, und so fegte ich um die Kurven und beschleunigte und hatte sogar Spaß dabei; dachte mir, das muss sein. Gleichzeitig fand ich das nicht so toll und bereute es ein wenig. Und der Traum war die Sprache meines Gewissens, in die kleine Geschichte verpackt. 

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