Die Bullshit-Jobs

Das mit den Bullshit-Jobs, über die David Graeber ein Buch veröffentlicht hat, gefällt mir immens. Wie schön, dass der Anthropologie-Professor damit die Diskussion bereichert hat! Nützen wird es nicht viel. Mit ihren Ausformungen drückt sich die Gesellschaft aus. Wir können bloß schimpfen und zuschauen.

Noch bevor ich auf Graeber gestoßen war, war ich mir mit Helmut einig gewesen: Viele Leute tun sinnlose Jobs, und man kann noch froh sein, wenn sie anderen nicht Schaden zufügen. Nun hat David Graeber Zahlen genannt. 50 Prozent aller Jobs könnte man wegsparen, dann würde jeder nur noch 15 Stunden pro Woche arbeiten. 40 Prozent der Mitarbeitenden sollen sowieso frustriert sein.

Am Ende des Buchs bricht der Autor eine Lanze für das bedingungslose Grundeinkommen. Jeder bekommt gleich viel (sagen wir: 1000 Euro), ohne jegliche Bürokratie (auch die Bürokraten und die Reichen bekommen die Summe), die Arbeit ist damit von Werten entkoppelt, und wer mag, kann ja immer noch arbeiten. Doch auch dahin wird es noch hundert Jahre dauern.

Ein (zweifelhaftes) Vergnügen ist es, zu lesen, wie Betroffene ihre Tätigkeit beschreiben.  Oft haben sie nichts Richtiges zu tun und müssen Tätigsein simulieren; ja, es ist nicht nur manchmal wenig zu tun (das gibt’s überall), sondern der Job ist so beschrieben – durchaus korrekt und etwas wolkig -, dass da wirklich nichts zu tun ist.  Vor allem das mittlere Management ist aufgebläht worden – das Nachsehen haben die unteren Schichten. Sie haben durch ihr fleißiges Werkeln die Produktivität erhöht, aber selber haben sie nichts davon.

Die Firmeneigentümer und die oberen Manager haben sich den Kuchen geholt und teilten ihn auf. Der Obermanager will über ein paar andere Manager gebieten, dann fühlt er sich erst wohl (Manager-Feudalismus), und so stellt er ein paar ein, mit erfundenen Tätigkeitsbeschreibungen. Diese Leute kriegen auch noch eine Menge Geld für ihr sinnloses Herumlaufen.  Kein Wunder, dass alle White-Collar-Jobs tun wollen (also: weiße Krägen tragen; blue collar sind die Arbeitenden, die mit dem Blaumann) und zur Uni rennen.

Fast könnte man von einem Komplott der Begüterten sprechen, um die Armen zu enteignen, und die lassen es sich gefallen und suchen sich eben einen zweiten Job, um über die Runden zu kommen. Im Gesundheitswesen besteht das Kartell aus Ärzten und Apothekern. Die Banken haben sich politisch abgesichert und halten sich für systemrelevant – aber eigentlich braucht man Banken nicht, und die ganze Investitionsbranche ist überflüssig. Die Versicherungsbranche ist auch völlig aufgebläht. Die Verwaltung sowieso.

Trotzdem redet man von Digitalisierung und von mehr Robotern. Ich habe selber schon in Fomo die Frage gestellt, warum die Leute heute immer noch so viel arbeiten. Graeber bietet die Lösung: Sie tun nur so, als arbeiteten sie, weil das von ihnen verlangt wird. Die mesiten zahlen ein Haus oder ein Darlehen ab und finanzieren den Kindern das Studium, da müssen sie notgedrungen mittun.

Verdienstvoll ist es jedenfalls, das Thema angesprochen und ins Bewusstsein gerückt zu haben. Man sollte mal genauer unter die Lupe nehmen, was die Freunde und Bekannten so tun, sie erzählen lassen. Sicher sind einige mit Bullshit-Jobs dabei, denen das auch bewusst ist. Leider frisst das Gefühl, nichts zu tun und keinen Sinn über die Arbeit zu haben, an der Gesundheit. Die Leute verfallen mental und körperlich. Kein Wunder, dass das Volk immer noch so krank ist wie vor 20 Jahren. Die Bullshit-Jobs tragen dazu bei, und die Medizin ist genauso bullshitisiert wie viele anderen Branchen.

Schön, dass Graeber meint, wer arbeite, leiste auch Betreuung. Er tue etwas für andere Menschen. Wie ich ja auch. Je nützlicher ein Job für die Gesellschaft sei, desto geringer werde er bezahlt, hat David Graeber herausgefunden. Denn Arbeit soll nicht Freude bereiten, ist die allgemeine Ansicht. Als ich nach fast 20 Jahren wieder eine bezahlte Stelle annahm, feixten viele und waren schadenfroh. So, dieser Lebenskünstler muss nun auch ran. Hat nicht immer Zeit. Recht geschieht ihm. Warum soll’s ihm besser gehen als uns?

So ist der Mensch. Er freut sich nicht unbedingt, wenn es anderen besser geht. Jeder arbeitet und lebt auf eigene Rechnung, schaut ins eigene Smartphone, und solche Leute sind einfach manipulierbar.

 

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