Ökonomie

Ökonomie heißt laut Fremdwörterduden neben Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaften auch: »sparsames Umgehen mit etwas, rationelle Verwendung oder Einsatz von etw.« Sprechen wir einmal von der Ökonomie des Geistes.

DSCN0473Ich kenne ein paar Leute, die können endlos erzählen und argumentieren, und seit vergangenem Herbst wird mir das zuviel. Wer weiß — wie wir belesenen Leute —, was man wissen kann und wer viel weiß, verfügt über ein Kriegsarsenal aus Millionen Argumenten aus tausenden Büchern, und wenn es zur Sache geht, wird aus allen Rohren gefeuert, und da merkt man erst, dass eins am andern hängt, dass einfach alles zusammenhängt. Du fängst bei dem Problem an, welchen Käse man kauft und wie man ihn reibt und landest beim Sinn des Lebens und den Myriaden Universen. Du kommst in den Wald und siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. (Illustration: Installation mit Büchern in der Kantonsbibliothek St. Gallen, ca. 2006)

DSCN0058Alles zu kompliziert. Die Buddhisten wissen, warum sie empfehlen, alles Wissen über Bord zu werfen und das Ego gleich mit. Carl Gustav Jung, der Schweizer Psychiater und Mythenforscher, hat von der Bewusstseinshybris unserer Zeit gesprochen, die meint, alles besprechen und alles mit dem Intellekt erfassen zu müssen. Man muss nicht jede Handlung (etwa bei Tisch) erläuternd begleiten, und man muss nicht über Dinge diskutieren, die uns fern liegen. Viele Menschen sind ja politisch; aber, nun mal als Provokation: Warum sollte ich über Libyen reden oder über Syrien, ist weit weg, außerdem weiß ich ja nicht, was genau passiert ist, und auf die Journalisten täte ich mich da nicht verlassen.

DSCN0083Ökonomie des Geistes wäre, die Dinge des Alltags ohne intellektuelle Begleitung zu verrichten und nur über das zu philosophieren, was einen direkt betrifft. Das klingt nach Kleinbürgertum und Eskapismus, doch wir dürfen uns unser Hirn nicht vernebeln (lassen). Mehr Emotionen, weniger Erklärungen. Das Leben ist nicht kompliziert; wir machen es dazu. Das ist auch ein Plädoyer für die Versenkung, für die Absencen des Alltags, für Unsinn und Spontaneität und alles, was blinkt und funkelt.

008Was ist richtig, was ist gut, wie ist die Welt wirklich, warum sind wir hier? All das wissen wir nicht, und wir sollten uns in Demut üben und nicht als Kompensation dafür lächerliche Dinge mit Philosophie überfrachten, und wir sollten große Worte vermeiden und bei uns bleiben, nach innen schauen. Der Stille pflegen. Viel schweigen. Gedichte lesen. Beten.

Wobei man sagen muss, dass die christliche Kirche, vor allem der Katholizismus, ihre/sein Lehrgebäude ohne Not und Gnade aufeblasen hat mit einem Arsenal an Heiligen und Regeln jeglicher Art. Es wird die Schöpferkraft geben, das Große Geheimnis, und alles Weitere ist Spekulation.

 

Illustrationen: alle rund um St. Gallen; spontane Entscheidung.

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