Rom, kurzer Rückblick
Jetzt, heute, in diesen Tagen hätte ich in Rom sein wollen, wie mir Anfang des Jahres vorschwebte. Ich hatte Romano wiedersehen wollen und meine im Paranormalen forschenden Freunde auch. Mir fielen erneut Aufzeichnungen in die Hände über meine Lektüre des Gregorovius. Wie gut er beschreibt, dass die römisch-katholische Kirche das Erbe der Caesaren übernahm! Nun weiß man nicht, wer das Erbe der Kirche übernimmt, die abgewirtschaftet hat.
Blicken wir zurück und zitieren wir aus Ferdinand Gregorovius (1821-1891), Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter.
Die römische Kirche verwandelte den Imperialismus, in welchem sie selbst als eine hierarchische Schöpfung entstanden war, in das Papsttum.
Das römische Reich, vom Alter entnervt, wurde durch den Völkersturm der kraftvollen Germanen zerstört. Die Stadt der Cäsaren fiel sodann in sich selbst zusammen, nachdem der Römerstaat und der antike Kultus erstorben waren. Die christliche Religion zertrümmerte und verwandelte die heidnische Stadt, aber sie hob wie aus den Katakomben, ihrem unterirdischen Arsenal, ein neues Rom hervor. Auch dieses hüllte sich in Mythen. Denn wie Romulus und Remus die Gründe des antiken Rom gewesen waren, so wurden jetzt zwei heilige Apostel, Petrus und Paulus, die legendären Schöpfer des neuen Rom.
Dass die christliche Religion in derselben Stunde entstand, in welcher das Cäsarenreich gestiftet wurde, ist eins von den geschichtlichen Ereignissen, die man providentiell zu nennen pflegt. Sie durchdrang das antike Reich und verschmolz mit ihm, weil ihr weltbürgerliches Prinzip der Weltmonarchie entsprang.
Die Barbaren von außen, die Christen von innen. Um 400
erlosch die Kraft der bildenden Kunst wie die Poesie und Wissenschaft des Altertums. … Christliche Philosophie verleugnete alles Staatliche. Abkehr! Ideal des Lebens: die mystische Versunkenheit in der Klosterzelle.
So ging es das ganze dunkle Mittelalter hindurch. In der Renaissance tat die Kunst noch einmal einen Aufschwung. Krieg zwischen dem Papsttum und den Kaisern. Das römisch-katholische Rom beherrschte ganze Regionen, bis Garibaldi und seine Revolutionäre 1872 eine Bresche in die Porta Pia schlugen und die Kirche im Vatikan einkerkerten. Ein Weltreich blieb die Kirche dennoch. Sie steuerte aus dem kleinen Vatikanstaat heraus ihre eine Milliarde Gläubigen. Doch die Kirche ist erschöpft und hat es versäumt, ihre Lehre und ihre Hierarchie zu reformieren, wie auch der jetzige Papst erkennt.
Das alte Rom hielt 600 Jahre ihren Glanz, das kirchliche Rom hielt sich 1600 Jahre, doch der Niedergang ist da. Die Zeit der großen Mythen ist längst vorbei. Auch früher gab es in höchsten Kreisen der Kirche Exzesse und Verstöße gegen die Lehre, und immer wieder entstanden neue Orden und Brüderschaften, um die Kirche zu erneuern. Heute jedoch will niemand mehr die mystische Versunkenheit. Die zögernde Aufarbeitung der Skandale um sexuellen Missbrauch muss empören, der Zölibat stört, die fehlende Einbindung der Frauen in den Ritus ist anachronistisch. Da ist nicht mehr viel zu retten, die römisch-katholische Kirche sieht sich einer langen Agonie entgegen. (Illustration: Gewitterstimmung, Nähe Vatikan-Bahnhof)
Die Beiträge mit Gregorovius:
Sie wollte nicht töten
Die Belagerung der Via Appia antica
Ferragosto