Die Weihnachtsbaum-Séance
Bei den englischen Spiritualisten musste an Weihnachten immer eine schöne Séance stattfinden. Die Geister sollten mitfeiern. 1952 veröffentlichte A. E. Perriman sein Buch Broadcasting from Beyond (Sendungen von drüben), und der dargestellte Abend dürfte irgendwann in den 1940-er Jahren in London stattgefunden haben. Wir sind gespannt, wie so etwas abläuft (und ich war es auch, hatte ich doch den Artikel nicht mehr in Erinnerung).
Das Medium war die Frau des Autors, Mollie. Die beiden hielten in vielen Jahren 2500 Sitzungen ab und hörten dabei 10000 Mal Geister sprechen. »Auf zwei Gelegenheiten freuten wir uns jedes Jahr, und das war die Weihnachtsbaum-Sitzng für die Geisterkinder und die Sitzung zum Remembrance Day. Die Idee dazu kam von der Geistigen Welt«, schilderte Perriman.
Zwei von drüben meldeten sich bei einer Séance des Ehepaars: Belle und Flora. Sie müssten einen Christbaum für die Geisterkinder haben, unbedingt! drängte Belle. Perriman wehrte ab: Sie hätten selber kein Geld, woher den Baum nehmen und die Pennies? Flora blieb hart: Da gäbe es kein Wenn und Aber, der Baum müsste her. Also sprach das Ehepaar mit ein paar Leuten, die zusicherten, ihnen helfen zu wollen. Also stand ein Baum da mit 50 Spielsachen, und zusätzlich lagen 35 Schillinge in Bargeld vor ihnen.
Perriman: »Die Weihnachtsbaum-Sitzungen muss man miterlebt haben. Was für eine Freude es ist, die Kleinen von der anderen Seite verwundert und beglückt jubeln zu hören, wenn sie den Baum sehen, der mit allen möglichen Spielsachen beladen steht!« Am Ende hingen da sogar 300 Spielsachen, die aus ganz England geschickt worden waren, und manchmal wurde auch der Name eines verstorbenen Kindes mit genannt. Dann rückt der Autor einen Bericht des bekannten Spiritualisten Hannen Swaffer ein, den dieser in der Zeitung Psychic News veröffentlichte. Hier kommt er:
»Die beeindruckendste Séance, die in den vergangenen Wochen in London abgehalten wurde, war vermutlich die Party, die Mr und Mrs A. E. Perriman für Geisterkinder veranstalteten. (…) Für Nicht-Spiritualisten ist das vermutlich schwer zu verstehen: Aber diese Spielsachen, die nach der Party an arme Kinder in den Slums gehen, haben ihre Gegenstücke in der astralen Welt, und diese werden von den ›toten‹ Kindern, die das Spielzeug zuerst erhielten, in ihre Welt mitgenommen.«
Reverend Walter Coulthard, der oft in den Perriman-Zirkeln sprich, erklärte das erneut. Es seien Kinder von der anderen Seite des Lebens hier gewesen, voller Freude. »Sie sind zu euch gekommen in ihrer Unschuld und mit ihrer Liebe und brachten Friede und Verständnis mit. Sie nahmen Gedankenformen der Spielsachen mit. Jedes Spielzeug hat nun einen Besitzer im Geiste. Ihr schenkt der anderen Seite des Lebens Freude, und ihr schenkt Freude hier.«
»Über zwei Stunden saßen wir da und hörten die Stimmen von mehr als fünfzig Geisterkindern, die alle den Baum untersuchten, ihre Spielsachen auswählten, und dann, ja – mit ihnen spielten. Und wirklich waren die Gegenstände, als die Séance vorüber war, in großer Masse um den Baum wirr verstreut. Manchmal hörten wir eine Trompete. Wir hörten, wie Kinder darüber stritten, welche Puppe sie haben könnten. Ein Junge sagte (und ein weiterer auch): ›Ich will ein Auto.‹«
»Ein besonderes Merkmal der Séance waren die großen Unterschiede in den Geisterstimmen. Es gab Besucher, die mit breitem schottischem Akzent sprachen. Es gab Stimmen aus Lancashire, Cockney-Stimmen, alle Arten. Als ich die Stimme des kleinen David Evans hörte, sagte ich: ›An dich erinnere ich mich. Du warst letztes Jahr auch schon da.‹ Auch David konnte sich an mich erinnern, und wir hatten eine längere Unterhaltung. Er sei aus den Tälern, sagte er, als ich erzählte, kürzlich in Südwales gewesen zu sein, und dann berichtigte er meine Aussprache von Bargoed und anderem zwei oder drei Städten, die ich unrichtig ausgesprochen hatte. Er wünschte mir auf Walisisch Gute Nacht.«
»Zwei Kinder stritten um zwei Spielsachen, aber Belle bremste sie. Zuweilen sagte sie einem Jungen, er solle ›da hinüber gehen‹, und sie benahm sich, als wäre sie die Zeremonienmeisterin. ›Darf ich zu Ihrem Zirkel kommen, wenn es bei Ihnen wieder losgeht?‹ fragte mich Belle. (…) Feda von Mrs Leonard tauchte auf [die Geistführerin des berühmten Mediums Gladys Osborne Leonard], Peggy von Mrs Duncan und auch Jimmy Sparrow aus dem Zirkel von Lady Caillard. Der Autor Tom-Gallon, den ich zum ersten Mal durch Evan Powell im British College of Psychic Science vor zehn Jahren sprechen gehört hatte, sagte etwas zu seiner Schwester Nellie Tom-Gallon.« (Bilder: Weihnachten bei uns, 1965.)
»Dennis Bradley machte sich gegen Ende bemerkbar und sagte: ›Obwohl ich noch nicht lange hier herüben bin, kennen mich schon viele. Sagt meiner Frau, dass sich sie liebe und grüsst auch Pat und Anthony. Gott möge euch schützen, und lasst euch nicht hängen. Nicht vergessen, dass Gott Liebe ist. Deshalb bin ich hier. … Meine Grüße an den Pen-Club.‹ Sir Arthur Conan Doyle sprach auch und übermittelte mir eine besondere Botschaft: ›Viele meiner Freunde sind kürzlich in die Geistige Welt herübergekommen, und viele sind überglücklich. Manche haben dazugelernt. Als ich zu ihnen über das Weiterleben vor Jahren sprach, wollten sie nichts davon hören. Sagt meiner Frau Jean, meinen Töchtern und meinen Jungs, dass ich sie liebe. Sagt Denis, er solle weitermachen und weiter die Flagge hissen.‹«
»Einige Kinder wurden von den Teilnehmern an der Séance erkannt, und manchmal wurden sie auch mit ihren Kosenamen angesprochen. Wir hörten die Stimmen von: Johnnie Harrison, Willie Atkinson, Lucy Baker, Ruby Wadsworth, Walter Thorpe, Ronnie Ecclesworth, Bertha Thompson, Josephine Becker, Sammy Anderson, Jimmy Schofield, Charlie Summerfield, Eric Patterson, Arthur Marsden, Ronald Jackson, Bertha Coates, Peter Holds-worth, Phyllis Parker, Willie Jones, Johnnie Maclean, Bobby WagstaIf, Alex Sayers, Victor Harrold und von vielen mehr.«
»Die wichtigste Lektion daraus richtet sich an trauernde Eltern. Eure ›toten‹ Kinder sind nicht tot. Sie sind so menschlich und so humorvoll, wie sie es auf Erden waren. ›Die große Puppe gehört Belle‹, sagte Queenie, ein Geisterkind, das seinen Nachnamen nicht sagen wollte. ›Also nehme ich mir einen dieser großen lustigen Hasen. Großer Hase‹, sagte sie zu dem Stofftier. ›Ich werde dich Teddy nennen.‹ Dann wandte sie sich wieder an uns. ›Es ist so ein kuscheliges Ding‹, sagte sie. ›Ich möchte so einen zu Hause in meinem Garten haben. Du wirst einem anderen kleinen Mädchen gehören‹ sagte sie, wieder an das Stofftier gerichtet, ›aber vergiss Queenie nicht.‹«
»Nun, als es dann vorüber war und die Lichter wieder angegangen waren, versuchte Nandor Fodor seine Stimmbox, angeblich ein wissenschaftlich unanfechtbares Gerät. Es war nicht viel Power übrig, aber er und ich hörten aus der Box heraus eine sanfte Geisterstimme reden. Fodor, der Parapsychologe, schien mit der Séance recht zufrieden.«