Brachland

Zwischen Basel und dem 80 Kilometer weiter nördlich gelegenen Breisach gibt es nur zwei Brücken über den Rhein: Neuenburg und Hartheim. Neuenburg hat viele Einkaufsgäste aus Frankreich, und derzeit ebnet man ihnen gründlich den Weg. Vom Rhein bis zum Fuß des kleinen Hügels, auf dem Neuenburg liegt, erstreckt sich nun Asphalt. Alles abgedeckt, alles gut versiegelt. Kreisel und riesig breite Zufahrten. Man ist dabei, diesen Ort zu ruinieren, wie man Heitersheim ruiniert hat.

Heitersheim: Man kann auch meinen, der Ort habe an Leben gewonnen. Überall stehen und verkehren Autos, und es gibt stark frequentierte Gasthäuser. Aber der einstmals ansprechende Ort ist nur mehr ein notdürftig zusammengeleimtes Konglomerat von Häusern. Früher fuhr man die schmale Hauptstraße hinab, in der es einen Metzger, eine Bäckerei, einen kleinen Markt gab. Dann knallte man in die Mitte Heitersheims einen Rewe hin und gestaltete eine Brachfläche um zu einem Parkplatz, den Alle werden glücklich, Deichmann, Penny, dm besiedeln, der ganze Schrott. Da spielt sich Leben ab: vor allem automobiles Leben. Die Hauptstraße ist nur noch Nebenstraße. Tempo 20. An den Rändern der Gemeinde leben Gutsituierte in großzügigen und wunderschönen Villen, und sie leben ortlos, leben irgendwo, in ihrem Universum. Doch die Gemeinde selbst hat kein Zentrum mehr, ist seelenlos geworden, hat sich an den billigen Konsum verkauft.

Auch Neuenburg verkauft sich. Der Ort war mal niedlich und sein Laurentiusfest legendär. Dann gestaltete man den Hauptplatz neu mit Eisdiele, Pizzeria und diesem und jenem, und schon war er voll mit Menschen. In der Hauptstraße stehen die Geschäfte, die die Franzosen anziehen. Wurde wohl zu eng, nun soll ein Parkhaus entstehen, und nächstes Jahr ist die Bundesgartenschau. Man will gar nicht mehr durch den Ort fahren, vor allem, wenn man dann Richtung Frankreich ein paar hundert Meter Asphaltdecke vor sich hat. Die Zufahrten zu den Städten regelt man als erstes.

In Bayern kommt mir Biberach in den Sinn. Pompöse Einfallstraßen führen auf die Stadt zu, die letztlich hinter diesen verschwindet; und ist man drin, möchte man wieder raus, derart öde sind die Straßen, und dann wieder die Fußgängerzone mit den üblichen Geschäften, schön ist da nichts. Solche Städte sind gemacht für Leute, die etwas kaufen wollen und denen es nichts ausmacht, inmitten von Plastik und Stein einen Kaffee zu schlürfen, der genau so schmeckt, wie die Umwelt aussieht.

Da sagte ein Bekannter, dem geklagt wurde, der neue Baumarkt sei hässlich geworden: Das interessiere ihn nicht, ihn interessierten nur die Produkte. Solche Leute mit Tunnelblick beherrschen die Szene, und so sieht die städtische Welt auch aus, weil’s allen wurscht ist, wie sie aussieht. Steine auf den Boden, bunkerartige Häuser drumrum, und viel Spaß in der neuen Einkaufswelt!

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