Stilblüten der Justiz

Sehr gelacht habe ich auch über einige Stellen in dem Buch Der Angeklagte erschien in Bekleidung seiner Frau von Wilfried Ahrens, der 2005, als das Büchlein erschien, Oberstaatsanwalt in Göttingen war. Er hatte eifrig bei der Justiz, den Polizeibehörden und Anwälten gesammelt, aber man muss das Material sichten (sprich: das Buch durcharbeiten), um die schönsten Blüten zutage zu fördern. Viel Spaß!

Das erste von mir ausgewählte Beispiel kommt einem irgendwie bekannt vor. Es ist die

Verordnung
zur Änderung der Verordnung
zur vorübergehenden Änderung der Verordnung
über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein
(Bundesgesetzblatt I 1972, 947)

Ahrens schreibt: »Manchmal ist es nur ein vertippter Buchstabe, der einer entrüsteten Eingabe so richtig Effet verleiht.«

Nein, Herr Richter, das kann doch nicht deutsche Rechtsbrechung sein.

Aus Rechtsprechung wird Rechtsbrechung!Scheint eine alte Kiste zu sein, fand ich doch im Alten Testament bei Jesaja, 5,7: »Er hoffte auf Rechtsspruch —/ doch siehe da: Rechtsbruch.«

Das Beispiel sollte man allen unterbreiten, die, auf ihre Tippfehler angesprochen, zurückraunzen: »Du weißt doch, wie’s gemeint ist!« Aber es gibt Fälle, da kann es peinlich werden.

Wie sagte ein Staatsanwalt, der Witz besaß:

Vom Zeugen Ehrlich erwarte ich mir — trotz seines Nachnamens — keine weitergehende Aufklärung mehr.

Humor auch in einem Ping-Pong-Spiel von Behörden. Amtsgericht schreibt an Landgericht mit der Bitte um Mitteilung,

wo und wofür der Verurteilte einsitzt.

Antwort des Landgerichts:

Der Verurteilte sitzt nicht, aber er steht, und zwar bei der Strafvollstreckungskammer unter Bewährung.

Die, die einsitzen (aber nicht nur die), haben oft Probleme mit der Sprache. Was den Sinn entstellen, ihn sogar verkehren  kann.

Wenn du mich fragst, gewöhne ich mich langsam an den Aufenthalt hier. Das einzige was in mir eine Art Verzweiflung aufruft, ist der Verlust deiner liebreizenden Gestalt. Die Ich nur schwer ertragen kann.

Am meisten musste ich über das folgende Beispiel lachen, weil sich da jemand selber reinlegt. Wilfried Ahrens leitet das so ein:
»Als Zumutung empfand eine Angebetete die vielen Fehler, die ihr einsitzender Freund in seiner Korrespondenz verbrach. Empört forderte sie ihn auf«:

Schreib doch wenigstens mal meinen Nahmen richtig!

Ein Anwalt erklärt:

In dieser Sache teile ich mit, dass mein Mandant erloschen ist.

Hier macht ein Buchstabe zuviel den Unterschied. Der Anwalt will nicht etwa vermitteln, dass sein Mandant verstorben sei, sondern er gibt an, sein Mandat sei erloschen, er vertrete den Mandanten nicht mehr.

Das folgende ist sicher ein bekanntes Zitat aus einem Polizeibericht:

… der Alkoholisierte kam nicht weit. Er hielt an, stieg aus und übergab sich. Das war natürlich für die herankommenden Polizisten ein gefundenes Fressen.

Berufsbezeichnung eines Mannes im Polizeibericht:

Barkipper im Restaurant — ca. 1 Jahr (1998-1999)

Auch der folgende Auszug aus einem Urteil wird die Runde gemacht haben:

Der Tritt ins Gesäß der unterstellten Mitarbeiterin gehört auch dann nicht zur »betrieblichen Tätigkeit« einer Vorgesetzten, wenn er mit der Absicht der Leistungsförderung oder Disziplinierung geschieht.
(Landesarbeitsgericht Düsseldorf, BB 1998, 1694)

Interessant ein Urteil zum Gesundheitswesen, das ich nicht kannte und einem nur sagt, auf welche Einfälle Leute kommen. Und dann ziehen sie mit ihrem schrägen Einfall auch noch vor Gericht.

Die Tätigkeit als Krankenpfleger dient der Rettung und Erhaltung von Leben und Gesundheit der ihm anvertrauten Patienten. Damit ist eine Nebentätigkeit als Bestatter, die das Ableben der Menschen voraussetzt, nicht zu vereinbaren.
(Bundesarbeitsgericht, DB 2002, 1560)

Im Urteil einer Jugendkammer hieß es (… gemeint waren die Massenmedien, da hat sich wohl jemand verhört):

Dem Einfluss der Massenmädchen, die nur zu häufig in aufdringlicher, anreißerischer Form sexuelle Dinge in den Vordergrund stellen, sind in sich noch nicht gefestigte junge Leute schutzlos ausgeliefert.

Ach, das hat Spaß gemacht. Demnächst mehr.

(Dazu kann man noch lesen: Jüdische Witze.)

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