Erlendur Haraldsson
Vor einer Woche, am 22., ist Erlendur Haraldsson gestorben, der aufrechte Isländer, der die Parapsychologie und uns mit wichtigen Büchern bereichert hat. 89 Jahre alt ist er geworden. Ich kannte ihn gut, hatte aber Jahre nichts mehr von ihm gehört; durch Victor Zammit erfuhr ich von seinem Hinübergang. Erlendur, denke ich mir, wäre einer, der sich aus dem Jenseits vielleicht mal bei mir meldet, und wenn er’s tut, melde ich das euch.
Erlendur Haraldsson, 1931 in Island geboren, fing wie ich als Journalist an, war sogar 25 Jahre vor mir bei derselben Institution tätig, der Deutschen Presse-Agentur. Aus jener Zeit stammen Reportagen über das Leben der Kurden im Irak. Er blieb dem journalistischen Zugriff treu und hat immer nur Bücher geschrieben, die auf selbst Erlebtem und Interviews beruhten. Erlendur präsentierte sein Material, garnierte es mit Schlussfolgerungen, doch auf nähere spirituelle Spekulationen ließ er sich nicht ein.
Einflussreich war das Buch At the Hour of Death über Visionen von Sterbenden, das er 1977 mit Karlis Osis veröffentlichte. Miracles Are My Visiting Card war ein Buch über Sai Baba, den indischen Guru, den Erlendur Haraldsson besuchte und erlebte. Manche Phänomene (wie Sai Baba etwa Objekte materialisierte) konnte er nicht erklären, aber so ist das. Erlendur reiste gerne, arbeitete in den Vereinigten Staaten und zusammen mit dem Reinkarnationsforscher Ian Stevenson. So ergab sich die Gelegenheit, mehrmals nach Indien zu fliegen und mit Kindern zu sprechen, die sich an ihr letztes früheres Leben erinnerten. Darüber hat er das Buch I Saw a Light And Came Here geschrieben.
The Departed Among the Living — etwa: die Hinübergegangenen unter den Lebenden — gibt Interviews mit Isländern aus den 1970-er Jahren wieder, die vom Wirken Verstorbener in ihrem Leben berichteten. Ich habe mich daraus bedient. Nicht zu vergessen, dass Erlendur einem großen Landsmann seine Reverenz erwies: dem Medium Indridi Indridason (1883-1912), dem er auch ein Buch widmete.
Er ist dann Psychologieprofessor in Island geworden, tauchte aber öfter hier im deutschsprachigen Raum auf, um Vorträge zu halten. Einmal, vor ein paar Jahren, hatte Erlendur einen Auftritt im Basler Psi-Verein, und da ich gerade anwesend war, half ich ihm, den Text zu ein paar Schaubildern ins Deutsche zu übersetzen.Die Vorträge wurden dann weniger, weil das Publikum heute Spektakel will und Entertainment und nicht Fakten und Zitate, über die es selber nachdenken muss. Und irgendwo auf Teneriffa traf ich zwei Isländerinnen und fragte sie nach Haraldsson (den Sohn von Harald; die Namen von Frauen enden gewöhnlich mit -dottir: die Tochter von …), und sie kannten ihn!
Erlendur, der Hochgewachsene, stolzierte immer wie ein General im Ruhestand daher und hatte einen feinen Humor; ich erinnere mich gern an sein Grinsen und sein putziges Englisch, doch auch Deutsch konnte er. Meine Verbindung Fahrrad und Psi fand er stets kurios, aber trotzdem waren wir verwandte Seelen. Wie oben gesagt: Ihm traue ich es zu, sich bei mir im Traum zu melden, um mir zu zeigen, dass es ihn noch gibt.