Gemischtes Doppel

Die Vierer-Beziehung bei Casanova vorgestern war zu schön. Und da ich im Heptameron der Margarete von Navarra (1558) eine noch schönere fand, muss manipogo daran anknüpfen und auch an Goethes Wahlverwandtschaften erinnern. Aber zunächst eine gekungene Vierer-Beziehung, ein geglücktes Arrangement … ja, mehr gute, erfreuliche Geschichten wollen wir hören!

Margarete von Navarra (1492-1549) war eine außerordentliche Frau: tolerant, kämpferisch, an Kultur und Literatur interessiert. Durch eine Ehe wurde sie Königin von Navarra und arbeitete einen Geschichtenband aus, der sich an Boccaccios Dekameron anlehnt. In der Rahmenhandlung treffen sich einige Adelige (Männer und Frauen) jeden Tag und erzählen sich Geschichten, um sich die Zeit zu vertreiben, da das Hochwasser ihre Weiterreise unmöglich macht. In den Geschichten, die auf wahre Episoden zurückgehen sollen, geht es um Mann und Frau.

Saffredent fängt mit einer idealen Ehe an. Ein ehrenhafter und liebenswerter Junker hatte eine schöne und begabte Frau bekommen, und die beiden waren ein perfektes Paar. Sie liebten einander. Als sie bei einer Feier sang, bezauberte sie den anwesenden König Arnolph aus Neapel, der überlegte, wie er ihr Herz gewinnen könnte. Als erstes schickte er ihren Mann auf eine dreiwöchige Reise nach Rom, dann überhäufte er seine Angebetete mit Aufmerksamkeiten, und nach drei Wochen war sie in den König verliebt.

Dem zurückgekehrten Edelmann kamen Gerüchte zu Ohren, die sich ihm bald zur Gewissheit verdichteten. Er sagte nichts, wollte es dem König aber heimzahlen. Also ging er zur Königin und sagte, sie tue ihm leid, sie werde vernachlässigt … und so redete er herum und sie redete dagegen, und bald wurde ihr klar, dass der Edelmann sie umwarb. Er war ja immer traurig, ach, vermutlich liebte er sie wirklich! Auch die Königin wollte sich rächen. Das traf sich ja gut. Sie seufzte: Werde sie jetzt aus Rache lieben? Und der Bewerber: »Herrin, süß ist die Rache, die, anstatt dem Feinde den Tod zu bringen, einem aufrichtigen Freunde Leben spendet.« Sonst müsse er wohl an Liebe sterben.

Im 16. und 17. Jahrhundert redete man nicht groß herum, wenn es ums Erotische ging. Dire Königin war verwirrt, stützte sich auf seinen Arm,  ging auf und ab und dachte nach.

Doch als der Edelmann sie halbwegs bezwungen sah, bewies er ihr am Ende eines Laubenganges, wo niemand sie sehen konnte, durch die Tat jene Liebe, die er ihr so lange verborgen gehalten hatte; und da sie beide eines Sinnes waren, vollzogen sie die Rache für alle die unerträglichen Leiden, die sie ausgestanden hatten.

Dort verabredeten sie auch, die Betrüger zu betrügen, und so

könnten sich alle vier in die Liebeslust teilen, die sonst zwei allein zu genießen meinten.

Wenn also der Edelmann seine Stadtresidenz verließ, um sein Heimatdorf aufzusuchen, begab sich der König gleich vom Schloss in die Stadt zur Edelfrau. Der Edelmann wartete den Einbruch der Nacht ab und schlich sich dann ins Schloss zur Königin. Der König wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass seine Frau eine Affäre hätte, denn sie stellte sich immer betrübt darüber, dass er ihr so viel Kummer antat. Schön der letzte Satz:

So lebten die beiden Paare noch lange in trauter Liebe zusammen, bis sie alterten und alles wieder ins rechte Gleis kam.

Johann Wolfgang von Goethe gestaltete 1809 in seinen Wahlverwandtschaften ebenfalls eine Vierer-Beziehung. Charlotte und Eduard leben verheiratet auf dessen Landgut. Eduard lädt den Hauptmann Otto ein, Charlotte ihre Nichte Ottilie, und das Schicksal nimmt seinen Lauf: Ottilie und Eduard verlieben sich ebenso ineinander wie Charlotte und der Hauptmann. Bei Goethe endet alles tragisch und tödlich. Im bürgerlichen Zeitalter lag die Moral schwer und lastend auf allem. Das war in Barock und Renaissance anders. Der Adel vergnügte sich, doch lag seine Hand schwer auf den ärmeren Schichten, die jedoch in Liebesleben jede Freiheit genossen, und der Klerus war dabei nicht ausgenommen.

 

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