Verbrennt mich!

Am 10. Mai 1933 verbrannten in 22 deutschen Städten Nazi-Sympathisanten Bücher von ihnen verhassten Autoren — solche, die der Macht nicht gefielen, und unter ihnen waren viele von hohem Rang. Eine Liste der verbotenen Autoren wurde erstellt, Bibliotheken wurden von »undeutschem Schrifttum« gesäubert. Da meldete sich jemand mit einem Brief zu Wort …

Bertolt Brecht hat das in dem Gedicht Die Bücherverbrennung so beschrieben:

Als das Regime befahl, Bücher mit schädlichem Wissen
Öffentlich zu verbrennen, und allenthalben
Ochsen gezwungen wurden, Karren mit Büchern
Zu den Scheiterhaufen zu ziehen, entdeckte
Ein verjagter Dichter, einer der besten, die Liste der
Verbrannten studierend, entsetzt, dass seine
Bücher vergessen waren. Er eilte zum Schreibtisch
Zornbeflügelt, und schrieb einen Brief an die Machthaber.
Verbennt mich! schrieb er mit fliegender Feder, verbrennt mich!
Tut mir das nicht an! Lasst mich nicht übrig! Habe ich nicht
Immer die Wahrheit berichtet in meinen Büchern? Und jetzt
Werd ich von euch wie ein Lügner behandelt! Ich befehle euch:
Verbrennt mich!

omg_denkmalDie Aufforderung erschien bereits am 12. Mai 1933 in der Wiener Arbeiter-Zeitung, und der Verfasser war ein Bayer aus Berg am Starnberger See, Oskar Maria Graf, 39 Jahre alt und damals schon Urheber von 23 Werken. Darunter waren Wir sind Gefangene, Das bayerische Decameron und Bolwieser, die viel gelesen wurden. Das Decameron ist erotisch und deftig, andere Bücher behandeln die schwere Kindheit Grafs als neuntem Sohn eines Bäckers. Er kannte die Welt der bayerischen Bauern und Kleinhäusler rund um den Starnberger See und destillierte aus seinen Erfahrungen ein provinzielles Welttheater heraus. In seinen Kalendergeschichten zeigt er uns zum Beispiel einen jüdischen Viehhändler, der nicht hinter dem Geld her war und seine Schuldner mild behandelte, der geachtet wurde von den Bauern. Die Unguten sind die »christlichen« Händler, und eines Tages wird der Jude umgebracht. (Illustration: ein Denkmal für Graf in Aufkirchen)

Oskar Maria Graf war ein großer bayerischer Autor, der zu seiner Herkunft stand. Durch New York, wo er 30 Jahre bis zu seinem Tod 1967 lebte, stiefelte er immer mit Lederhose und Sepplhut, und als er 1958 in München lesen wollte, bestand er darauf, dies mit einer kurzen Trachtenlederhose zu tun, was die Münchner Kulturwelt in Verwirrung stürzte. Ein aufrechter Mensch war er, der Oskar Maria.

 

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