Flugverkehr (118): Mit gefalteten Flügeln
Der persische Mystiker und Poet Rumi schrieb: »Du wurdest mit Flügeln geboren. Es ist nicht gedacht, dass du kriechen sollst, darum lass‘ es sein. Du hast Flügel. Lerne sie zu benutzen und fliege.« Das nahm ich als Motto für diesen Beitrag, der uns Mut machen soll.
With Folded Wings (Mit gefalteten Flügeln) war das vorletzte Buch des US-Autors Stewart Edward White (1873-1946) und erschien erst im Jahr nach seinem Tod. Der Titel bezieht sich auf ein Zitat seiner Frau Betty, die er nach deren Tod viele Jahre channelte, was in 1500 Seiten Text resultierte. Er sei der Aufzeichner, sie der Sender. pflegte er zu sagen. Er hatte einen guten Stil, und dennoch, meinte Betty von drüben, sei das Ergebnis nur »ein unbefriedigender blasser Schatten der wirklichen Zustände«.
White war ein produktiver Autor und schrieb in 40 Jahren 40 Abenteuerromane und Reiseerzählungen, von denen nicht weniger als 14 verfilmt wurden. Nach und durch Bettys Tod entdeckte er den Spiritualismus und verfasste dann noch 10 weitere Bücher, von denen ich ein paar gelesen habe. The Unobstructed Universe (Das unverstellte Universum) wird für das beste von ihnen gehalten.
Die gefalteten Flügel kommen in einer Passage vor, die ich mir einmal notiert habe. Betty doziert darin über den Weg, Zugang zur anderen Wirklichkeit zu erhalten. 2013 hatte ich das schon einmal zitiert; ja, man wiederholt sich. Immer öfter, je mehr Artikel man schreibt. Beim Anlesen tat sich ein Widerspruch auf, der nicht anders zu erklären ist als damit, dass die Betty von Roy Dixon Smith (hier erwähnt) nicht die Betty von Stewart Edward Smith ist, weil ihr Mann Stuart hieß und … ach, vergessen wir’s, zu schwierig. Lesen wir Folgendes:
Du musst dich absolut gehen lassen, als ob du durch den Raum fallen würdest. Mach den Vordergrund deines Geistes leer. Öffne dich jener weitherzigen Empfänglichkeit! Die Energie, mit der du nach uns verlangst, wird das Maß dessen sein, was du bekommen wirst. Tu dies andauernd, stündlich. Dehne dich ins Freie aus, breite deine Gedanken aus.
Geh durch deine Tage wie eine Kreatur mit gefalteten Flügeln, bewusst der Tatsache, dass du ein anderes Element in dir trägst und fähig bist, darin einzutreten.
Ein spiritueller Begleiter ist wie eine Boje. Die Substanz deiner Gedanken! Gib auf den Raum deiner Gedanken acht! Menschen verbringen ihr Leben damit, etwas zu bekämpfen, doch wenn sie nur wachsen wollten, würden sie alle Hindernisse zur Seite schieben können. Halte deinen Körper rein! Reinige dich! Lass deinen Geist hoch fliegen. Die Aufmerksamkeit ist so wichtig. Sammle dich! All diese kleinlichen Alltagssorgen machen, dass du dich verlierst. Das erste muss eine finstere Entschlossenheit sein, es schaffen zu wollen; das zweite ist der Hunger deines Herzens, den man auch den Ruf der Liebe nennt.
Unsere Fähigkeiten sind noch verschüttet. Wir haben unsere Flügel noch nicht richtig ausgebreitet. Wie das gemeint ist, beschreiben viele Autorinnen und Autoren; stellvertretend soll Wayne Dyer (1940-2015) erwähnt sein mit ein paar Sätzen aus seinem Buch The Shift:
Wenn unsere wahre Essenz der Geist ist und wir glauben, dass wir von daher kommen, dann scheint es mir ein Leichtes, uns mit diesem authentischen Teil unserer Selbst wieder zu verbinden. Ein Weg dorthin wäre, unseren Gedanken und Handlungen eine neue Richtung zu geben (to shift) — so, wie wir uns vorstellen, dass die kreative Energie denkt und handelt, wenn seine Energie sich zu Form materialisiert. Wir müssen mehr so sein, wie der (Große) Geist uns erscheint. Da er es ist, von dem wir herstammen, ist die Göttlichkeit unser Schicksal, auch wenn wir das über die Jahre vernachlässigt haben. Gott oder das große Tao, von dem wir alle ein Teil sind, wartet geduldig darauf, dass wir werden, was er ist. Ich stelle mir vor, dass der allschöpferische Geist von uns diese Entwicklung verlangen würde, falls er irgendwelche Forderungen an uns hätte.
Und dann noch der Ruf der Liebe:
Denkt darüber nach: Wir kamen aus der Liebe; darum müssen wir irgendwie lieben, da wir sein müssen wie das, von wo wir abstammen. Jesus stellte es so dar: »Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe.« (1. Johannes-Brief, 4:8) Ziemlich schlicht und ganz direkt. Nichtsein ist Liebe Da wir aus dem Nichtsein kommen, müssen wir Liebe sein.