Take Away Wochen

Im Februar kündigte ein Autohaus in Müllheim die Toyota Take Away Wochen an. FairPAY Paket! Mehrwertsteuer geschenkt! Viele Fahrzeuge sofort verfügbar, sprechen Sie uns an.* (*: Nur solange der Vorrat reicht, der Bestand an Fahrzeugen ist nicht garantiert.) Nichts wie hin! Hol dir dein Traumauto! 

Geh also zum nächsten Geldautomaten, heb 38.000 Euro ab, dann kriegst du (kriegtest du im Februar) den Rav4, 2,5 Hybrid 4×2 Team Deutschland + Navi + Technik-Paket + Klimaautomatik. Das Fahrgerät kostet genau 37.990,oo Euro, du kriegst also 10 Euro raus, gerade genug, um zur Feier des Tages beim nächsten Drive-in zwei Fishburger und zwei Cola zu ordern.

Der Supra GR ist teurer: 57.500,00 Euro. Dagegen gab’s den Aygo schon für 9.990,00 Euro, einen Pappenstiel. Vorsicht: Angaben gemäß Pkw-EnVKV, basierend auf NEFZ-Werten, während sich die Steuer nach den häufig höheren WLTP-Werten richten kann.

Auto to go! Plötzlich ist das Automobil nur ein Konsumgut unter vielen und wird behandelt wie eine Lampe, ein Schrank oder ein Laptop. Die Wortwahl ist nicht zufällig. Der Impulskäufer soll angesprochen werden. »Ich hol mir mal schnell den Rav4, geiles Geschoß«, sagt Papa zur Tochter, »du kannst aber gerne mitkommen.«

Früher (vor 50 Jahren) war ein Automobil der jahrelange Traum minderbegüterter Angestellter, — heute haben anscheinend alle viel Geld und ein Auto sowieso, da werfen sie dir ein neues nach (wenn du ihnen 38.000 hinlegst, für die meisten bloß ein Jahresgehalt). Der Ausverkauf der Träume. Wonach können wir uns noch sehnen?

Die Take Away Wochen haben wir nun verpasst. Sicher kommt aber eine Frühjahrsaktion und ein Sommerangebot. Bei verkaufsoffenen Sonntagen stellen die Autohäuser ihre Produkte aus, damit man sich mal reinsetzen kann. Das ist anscheinend das Größte.

Doch eigentlich ist es ein Skandal, dass Autos wie Döner angeboten werden. Das tonnenschwere Ding mit dem niedlichen Namen ist ein Anachronismus und ein Sargnagel für diese Zivilisation. Ich habe es schon lang nicht mehr gesagt, dass da ein Mensch sich vom 25-Fachen seines Körpergewichts auf sinnlosen Fahrten durch die Lande tragen lässt und dafür Energiereserven dieses Planeten aufbraucht. Jedes Jahr sterben auf der Welt 1,25 Millionen Menschen bei Autounfällen. Das ist seit 50 Jahren so, also insgesamt 50 Millionen Tote (Corona derzeit: 2,4 Millionen Tote).

Marco Pierfranceschi schrieb unlängst über sein Italien:

Womit wir es heute zu tun haben, ist ein mumifiziertes Land, das sich an einen Fetisch klammert, der Leben, Ressourcen, die Natur und Personen verschlingt und das keine Aussichten hat, das zurückzubekommen, was ihm genommen wurde; ein Volk, das eine Art Lobotomie (Gehirnoperation) erlitten hat und sich nicht mehr erinnert, was es war, was es hatte, was es sich erhofft und nur das sieht, was es vor Augen hat, wenn es auf die Straße tritt: eine Blechlawine.

Autohäuser durften während des Lockdowns offen haben, nur Fahrzeuge durften sie nicht verkaufen. Sie werden sich keine Sorgen darum gemacht haben. Automoile gehen weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Man will ja sein Geld irgendwie ausgeben, und sonst fällt einem nichts ein.

 

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