Alda do Espiritu Santos

Feuer und Rhythmus ist ein Gedichtband des DDR-Verlags Buchclub 65, der von 1965 bis 1990 existierte. Die junge afrikanische Literatur südlich der Sahara sollte vorgestellt werden, mit Betonung auf den Freiheitskampf. Das Entstehungsjahr ist nicht angegeben, jedenfalls wurden 64 Autorinnen und Autorinnen mit Gedichten vorgestellt; es waren jedoch eher Autoren. 61 Männer, 3 Frauen. Das übliche Bild. 

R551959302783b75cc5bf1af7b91622fbEin langes Gedicht habe ich ausgesucht, das nicht besonders ansprechend ist. Doch Massaker und Unterdrückung soll man nicht mit schönen Worten schildern, man schreit seine Wut hinaus. Von Alda do Espiritu Santo (geboren 1926) stammt das folgende Gedicht. Es gibt sogar einen Wikipedia-Eintrag über sie, die sich im Unabhängigkeitskampf von São Tomé und Principe einsetzte. Von 1974 bis 1990 war sie Mitglied im Politbüro der Freiheitsbewegung MLSTP. In dieser Zeit war sie von 1974 bis 1980 Ministerin für Bildung und Information und hatte von 1980 bis 1990 den Vorsitz des Landesparlaments inne. Damit passt die »Alda vom Heiligen Geist« (ihr Name übersetzt) gut zu Maya Angelou, die manipogo schon vorstellte.

Ich habe die Geschichte der Inselgruppe São Tomé und Principe überflogen, deren Hauptinsel 48 Kilometer lang und 32 Kilometer breit ist und von 200.000 Menschen bewohnt wird. Nach der Einnahme 1471 durch die Portugiesen (man war gründlich, man übersah die kleinen Inseln nicht, Geld rausholen ließ sich aus allem) folgten bis zur Unabhängigkeit 500 Jahre Unterdrückung und Ausbeutung. São Tomé war Umschlagplatz für den Sklavenhandel von Afrika nach Brasilien, in die Karibik und nach Portugal. Sträflinge wurden dorthin deportiert und Kinder von Juden, die ihre Steuern nicht zahlen konnten. Kaffee, Kakao und Zucker wurde produziert, für den Weltmarkt, mit afrikanischen Arbeitern, die für Fronarbeit einen Hungerlohn bekamen. Wer flüchtete, wurde verfolgt, und Massaker gab es.

Wo sind die gejagten Menschen …?

In Tropfen rinnt das Blut zur Erde
und Menschen sterben in dem Urwald
das Blut rinnt …
von Menschen in das Meer geworfen …
»Fernão Dias« bleibt in der Geschichte
der grünen Insel, rot vom Blut
der Toten
in der Arena weitem Rund am Quai.
Der Quai, das Blut, die Menschen,
Ketten, Schläge,
sie tönen, tönen, tönen
und fallen in die Stille des gestürzten Lebens,
der Schreie, Schmerzensschreie
von Menschen, die nicht Menschen sind,
da namenlos und ausgeliefert ihren Peinigern.
Zé Mulato — Geschichte jenes Quais —
wie er Menschen erschießt während der Stille
der gefallenen Leiber.
Ach Zé Mulato, Zé Mulato,
die Opfer fordern Rache,
das Meer, das Meer von »Fernão Dias«
Menschenleben verschlingend
ist rot von Blut.
Wir stehen aufrecht —
Unsre Augen sind auf dich gerichtet.

Unser Leben liegt begraben
auf Feldern des Todes,
des 5. Februar Männer,
Männer, gefallen im Treibhaus des Todes,
die flehen um Mitleid,
schreien um Leben,
ohne Wasser und Luft, gemordet,
erheben sich alle
aus dem Massengrab,
im Chor der Gerechtigkeit stehen sie aufrecht
und fordern Rache …

Die Leiber, die im Urwald gefallen,
die Häuser, Häuser der Menschen,
zerstört in der Gier
des entfachten Feuers,
verbranntes Leben,
stimmen an den Chor der Gerechtigkeit
und fordern Rache.
Und ihr alle, ihr Henker,
ihr alle, ihr Schergen
auf der Anklagebank:
»Was habt ihr mit meinem Volke gemacht …?
Was antwortet ihr?
Wo ist mein Volk …?«
Ich erwidere in der Stille
der erhobenen Stimmen,
die Gerechtigkeit fordern …
Nebeneinander, aufgereiht …
Für euch ihr Henker
hat Vergebung keinen Namen.
Gerechtigkeit wird.
Das Blut der Gefallenen
im Urwald des Todes,
das unschuldige Blut,
das die Erde durchtränkt
in einer schaudernden Ruhe
wird die Erde befruchten
und Gerechtigkeit fordern.

Der Menschlichkeit Flamme
die Hoffnung besingt
auf eine Welt ohne Schranken,
wo Freiheit zum Vaterland
aller Menschen wird …

(Übersetzt von Irm Bouvier)

 

 

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