Flugverkehr (123): Wenn die Helikopter kommen

service-pnp-ds-08100-08148_150pxDas Neue am Hubschrauber war, dass er senkrecht niedergeht, also nahezu überall landen kann, und sich nach oben wieder empfiehlt. So kann man Menschen retten. Aber so kann man auch Menchen killen; im Krieg wird der Vorzug des Helikopters zum mörderischen Effekt. Wir holen uns schnell zwei Beispiele.

Dennis Stillings erinnerte an die Faszination Hollywoods an dem Lärm der Rotorblätter, und unvergesslich (leider unvergesslich) sind die Bilder in Apokalypse Now (1979) von Francis Ford Coppola, als neun Hubschrauber zu Wagners Walkürenritt auf ein vietnamesisches Dorf zufliegen und alles in Brand schießen und viele Menschen töten, feige, aus der Luft, und der Captain der Formation ruft: Well done! 

Siba Shakib erzählt in ihrem Buch Nach Afghanistan kommt Gott nur noch zum Weinen (2003) das Leben einer afghanischen Frau, Shirin-Gol. Sie erreicht mit Mann Morad und den Kindern ein kleines Dorf in den Bergen mit acht Hütten, in denen je acht Menschen leben, und eine Hütte, die neunte, steht leer, und die geflüchtete Familie zieht ein, und sie könnte eine ruhige Zukunft haben …

Gerade ist Shirin-Gol am Bach, gerade wäscht sie Nabi, gerade kommt Nur-Aftab zu ihrer Mutter, da gibt es ein lautes Getöse im Himmel. Wind, der so kräftig ist wie ein Sturm, weht auf und wirft alles durcheinander, Kleider flattern …. Leute rennen kreuz und quer, Frauen kreischen, Mädchen halten die Arme über die Köpfe, Kinder lassen sich zu Boden fallen, blicken in den Himmel und sehen einen Vogel, so riesig, so ungeheuergleich, so schwarz, so laut, so hässlich, wie sie noch nie zuvor einen gesehen haben.

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Der schwarze riesige Ungeheuervogel fliegt einmal über das Dorf. Dann noch einmal. Langsam. Bedächtig. Fliegt tiefer. Bleibt in der Luft stehen. Sieht mit seinen schrecklichen Augen, die in der Sonne funkeln und glitzern, als wollten sie Feuer speien, die Hütten und die Menschen, die hin und her rennen. Das Ungeheuer habt langsam, ganz langsam seinen Kopf, dreht ab, zeigt den Menschen seinen Schwanz und verschwindet wieder hinter dem Gipfel des Berges.

Wie ein Heimsuchung, eine drohende Strafe Gottes mag das wirken. Shirin-Gol sagt: Sie werden wiederkommen und alles vernichten. Die Dorfbewohner hingegen erwidern, sie werde sie nicht von hier wegbringen. Sie seien wie diese Steine, die man auch nicht wegtrage. Vielleicht lasse sie der Krieg ja doch in Frieden. Shirin-Gol gibt es auf, packt Mann und Kinder und erreicht mit ihnen den gegenüberliegenden Berg.

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Gerade legt Abine die Hand an den Mund und ruft, Shirin-Gol, Gott sei mit dir. Gerade will Shirin-Gol antworten, da kommt der eiserne Vogel über den Berg geschwebt. Zuerst lautlos. Dann taucht ein zweiter Vogel auf. Beide schweben, leise surrend, dann laut schreiend und kreischend, kreisen einmal über das Dorf, neigen ihre Köpfe, fliegen tiefer und tiefer, schießen Raketen ab, eine, zwei, drei, vier. (…) In wessen Namen sie auch immer schießen, sie bringen ihre Hubschrauber auf die Erde, stürmen mit ihren Kalaschnikows und Messern durchs Dorf. Zünden alles an, was brennt. Legen Minen. Damit niemals wieder jemand in den Hütten leben kann.
Jeden, der noch lebt, jeden, jeden, jeden, auch Abine und ihr Kind, erschießen sie. Erstechen sie. Schlitzen sie auf.    

 

 

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