England gegen Italien

Heute Abend findet das Endspiel der Fußball-Europameisterschaft statt: England gegen Italien. Erst ließ mich die ganze Veranstaltung kalt, doch man ist unterwegs, irgendwo läuft ein Fernseher, und dann schaut man doch rein. Deutschland gegen Ungarn und England gesehen und noch ein paar andere Spiele., Schwierig, etwas Neues dazu zu sagen. Doch manipogo versucht es.

Man sollte sich tatsächlich mal Spiele aus den 1980-er Jahren ansehen. Bin auf Youtube gegangen und habe ein paar Auszüge von Spielen der WM 1982 gesehen, die fünf Tore von Milan gegen Real 1989 und noch ein paar Minuten mehr. Man sollte mehr Zeit opfern und herausfinden wollen, was heute anders ist. Ich habe das Gefühl: Die Zweikämpfe werden härter geführt, die Verteidiger sind näher dran, es ist ein terrierhaftes catcherartiges Angehen des ballführenden Gegners, und alle ballen sich enger zusammen als früher, und so ein Gedränge vor dem Tor ist enorm.

Fußball ist athletischer und härter geworden, wie überhaupt unsere Gesellschaft eine nie gekannte Aggressivität auszeichnet. Mein Blick fiel in Bayern auf ein Werbeplakat für das soziale Jahr Jugendlicher, wo man diesen die Tätigkeit nahebringen möchte. Da schiebt einer eine alte Dame im Rollstuhl, die die Faust ballt und eine obszöne Gebärde vollführt. Wieso muss die alte Dame die Terrorlady markieren? Bescheidenheit und Bravheit haben ausgespielt, du bist du, wenn du schreist und tobst: das ist die Botschaft. Diese ganzen Drohparolen auf den Social Media, die Mordgelüste und der Shitstorm! Anscheinend wollen die Leute sich ausleben. Losstürmen aufs Tor! Das können junge Männer scheinbar nur mit einem PS-starken Fahrzeug auf der Straße, andere mit Tätowierungen und Pöbeleien gegen Polizeibeamte und Rettungskräfte, wozu Alkohol gehört.

Man will nichts verpassen, aber auch nicht verlieren. Nie hatte ich so viele Rückpässe auf den Torwart gesehen wie in den letzten Spielen, die ins Endspiel führten. Etwas Sicheres ist der Rückpass; ruhiger Spielaufbau, dann hin und her, es ist ein schwieriges Durchkommen heute bei dieser konzentrierten Verteidigung, bei der sich jeder in den Schuss wirft oder einfach taktisch foult. Hätten die Mannschaften mehr Risikobereitschaft bewiesen, dann hätte es nicht so viele Verlängerungen und Elfmeterschießen gegeben, vermutlich war das ein Rekord.

Was die Protagonisten sagen, kann man gleich vergessen. Alles, was zu sagen wäre, ist in den vergangenen fünfzig Jahren, seit die Medien den Fußball breittreten, bereits gesagt worden; nun wird es ruhiger gesagt und mit Krawatte über dem Kehlkopf, doch das Repertoire bleibt eingeschränkt. Wie immer wird die Welt auch nach der Europameisterschaft sich weiterdrehen, Fußball hat ihr nicht viel zu sagen, die Probleme sind andere, und mit hohlen Parolen oder einem Hackentrick wird man sie nicht lösen können.

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