E Pfifli Rauchtubak
Für die Kritische Ausgabe plus habe ich einmal den Nachruf auf die Tabakspfeife geschrieben, warum auch immer; der Pfeife hätte man nichts nachrufen müssen, sie lebt ja weiter, — nur die Raucher sterben aus. Der Artikel fing natürlich mit Kommissar Maigret an, es konnte nicht anders sein, und jetzt habe ich gerade Maigret und die Unbekannte in den Fingern, mal schauen, ob er da auch raucht …
Überflüssige Frage. Kommissar Maigret raucht oft, sogar schon zum Morgenkaffee; sonst konnte er nicht denken. Georges Simenon war natürlich auch Pfeifenraucher, und in dem Buch über die unbekannte Tote unterzeichen zu Beginn drei Burschen ein Geständnis nach 30-stündigem Verhör.
Maigret hatte so viel geraucht, dass seine Kehle ganz rauh war … (S. 7)
Die Pfeife im Munde und die Hände in den Taschen, stand er wartend da und warf hin und wieder einen Blick auf die Tote. (S. 13)
Nachdem Lapointe gegangen war, unterzeichnete Maigret in seinem Büro einige Schriftstück, stopfte sich eine Pfeife und … (S. 43)
Später setzte er sich in seinen Sessel, zündete die Pfeife an und überflog die Zeitung … (S. 52)
Das Bild oben rechts ist ein Jugendbildnis von 1988 aus Hamburg: als Beweis dafür, dass ich schon damals Pfeife rauchte. Die abgebildete Pfeife habe ich immer noch (so viele habe ich verloren). Placido Domingo im Hintergrund sieht vom Plakat etwas missbilligend zu. Ich wollte das Foto niocht größer machen, meine Güte, wie jung der dpa-Redakteur und Rockkritiker damals aussah! Wie ein Kind! Placido war aber auch erst 47, jung auch er.
Früher — sagen wir: vor 200 Jahren — rauchte man selten Zigarette, und wenn, dann mit einem Mundstück. Meistens wurde Pfeife geraucht. Heinrich von Kleist und Lessing rauchten Pfeife, im 20. Jahrhundert waren es in unserem Land Uwe Johnson und Siegfried Lenz und noch viele andere mehr. Johann Peter Hebel (1760-1826), der badische Dichter, schrieb sogar Gedichte aufs Rauchen, die so frisch daherkommen, dass man merkt: Der Hebel hatte seine Freud beim Schreiben und hat vermutlich auch geraucht dabei. Auf Bildern sehen die Genies von Anfang des 19. Jahrhunderts aber seriös aus, ohne ein Accessoire; höchstens heben sie mal den Finger.
Der zufriedene Landmann ist ganz gut zu verstehen, wir bringen Auszüge daraus. Manchmal, wenn ich Hebel-Gedichte auf Alemannisch vorlese, würde ich mir wünschen, der Meister stünde neben mir und erläuterte ein paar Ausdrücke, wie er es damals tat, als ihn Goethe zu einer Adeligen einlud, Hebel preisend; aber das Alemannische war für die anwesenden Ostpreußen sicher eine harte Nuss. Dabei ist es ein schöner Dialekt, innig und warm wie das Bayerische und das Schwyzerdütsche, doch dann wieder rätselhaft knapp und verstörend grob.
Denkwol, jetzt lengi au in Sack,
und trink e Pfifli Rauchtubak,
und fahr jez heim mit Eg und Pflug,
der Laubi meint scho lang, ’s sei gnug.
Der Bauer ist fertig mit der Arbeit, holt sich Tabak aus sem Hosensack, stopft die Pfeife und raucht, und das mag wie Trinken sein, weil man den Rauch ja einsaugt. Der Kaiser trinke auch ein Pfifli, aber er trinke wenig Freud und Lust, weil ihn die Sogren und die Verantwortung drücken. Auch über den Chaufher muss man sagen:
Doch schmeckt’s der nit, du arme Ma!
Me sieht der dini Sorgen a …
De treisch so schwer, es tut der weh;
doch hesch nicht gnug, und möchtsch no me,
und weisch jo nit, wo ane mit;
drum schmeckt der au di Pfifli nit.
Ihm, dem Erzähler, schmeckt’s; die Frau wartet mit dem Essen, »d’Chinderli am chleine Tisch«,
weiß it, welles ’s fürnehmst isch.
Drum schmeckt mer au mi Pfifli wohl.
Denkwol, i füllmer’s nonemol!
Zum frohe Sinn, zum freie Mut,
und heimetzu schmeckt alles gut.
Und überhaupt: Wenn man bei sich und ausgeglichen ist, schmeckt das Pfifli zu jeder Jahreszeit. Wir brauchen hier nur Sommer und Herbst aus Der allzeit vergnügte Tabakraucher:
Im Sommer
Volli Ähri, wo me goht,
Bäum voll Öpfel, wo me stoht!
Und es isch e Hitz und Gluet.
Eineweg schmeckt ’s Pfifli guet.
Im Herbst
Chönnt denn d’Welt no besser si?
Mit sim Trübel, mit sim Wi
stärcht der Herbst mi lustig Bluet,
und mi Pfifli schmeckt so guet.
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