Das Erbe von Jole Santelli

Heute und morgen wird in Kalabrien das Regionalparlament und dessen Chef gewählt. Oder wird es eine Chefin geben? Die Kalabresen hatten ja eine: Jole Santelli, die für Berlusconis Forza Italia kandidierte, erst Ende Januar 2020 gewählt wurde und dann nur neun Monate regierte (im schwierigen Corona-Jahr), bevor sie vor fast einem Jahr, am 15. Oktober, in ihrem Haus in Cosenza überraschend starb. Sie wurde 51 Jahre alt.

indexsantelliJole Santelli, eine durchsetzungsstarke Frau, war an Krebs erkrankt und starb an inneren Blutungen. Eigentlich hätte man innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen abhalten müssen, doch da war das Virus, und alles wurde verzögert und schleppte sich dahin. Als Interimspräsident wirkte der bühnenerfahrene Antonio Spirli, der auch durchs Fernsehen bekannt geworden war. Fast ein Jahr konnte sich Spirli produzieren, und erst im April ging er wieder mit der alten Kiste der Brücke von Messina an die Öffentlichkeit, weil ihm wohl nichts anderes einfiel.

Kalabrien liegt ganz im Süden Italiens, ist so groß wie Thüringen und hat nur 2 Millionen Einwohner, die meist an den Küsten leben, denn das Bergland ist wild und schwer zugänglich. Tropea ist im Sommer ein Magnet, aber sonst ist der Tourismus trotz klarem Wasser und Traumstränden bescheiden. Die Gazzetta del Sud charakterisiert Kalabrien in einem Artikel über das Erbe von Jole Santelli unbarmherzig als

eine Region, die in praktisch allen Klassifikationen die letzte ist und in einer tiefen wirtschaftlichen Krise steckt, die durch die lange Dauer der Pandemie noch verstärkt wurde. Viele sind die Feinde, die es zu bekämpfen gilt: eine ’ndrangheta, die in einigen Zonen die Hegemonie besitzt; eine Bürokratie, die allzu gern den Sirengesängen der Korruption folgt; eine politische Klasse niedriger Qualität, oft repräsentiert von Personen, die die Politik nicht als Dienst an der Allgemeinheit verstehen, sondern als Instrument, um sich persönlich zu bereichern …

Ein Journalist, der vor kurzem über die ’ndrangheta referierte, meinte, es werde nicht mehr viel darüber gesprochen, da die mafiöse Organisation sich bereits tief in die öffentlichen Ämter eingesenkt habe. Wenn man so durch Tropea wandert, denkt man sich, dass da vermutlich auch abgeschöpft wird, denn dahin fließt viel Geld, doch was wissen wir schon? Man müsste länger dort leben, um etwas sagen zu können.

Der Felsen mit Santa Maria delle Isole vor Tropea erstrahlt in den Landesfarben Italiens

Der Felsen mit Santa Maria delle Isole vor Tropea erstrahlt in den Landesfarben Italiens

Für die Linken geht die Ärztin Amalia Bruni ins Rennen, die im Sommer keine guten Worte für die jüngste Zeit unter der Rechtsregierung hatte.

Die Rechte, die die Kalabrier regiert, ist die schlimmste in ganz Italien, ist unbeweglich, inkompetent und unfähig. Sie kommt in allem zu spät, ob es um normale Projekte geht oder um den Feueralarm, um die Bedürfnisse der Menschen, die Wasserknappheit oder die Gesundheitsversorgung.

Im Regionalrat (Consiglio regionale) sitzen 30 Vertreter der Bürger; zwei Drittel werden in den drei Wahlbezirken proporzional gewählt, ein Drittel über Mehrheiten. Auf den Listen müssen 40 Prozent der Bewerber Kandidaten unterschiedlicher Geschlechter sein (candidati di genere differente), was wohl nur heißen kann: Frauen. Auch in Italien liebt man die sprachliche Vernebelung, die nicht der Ausdruck großer Überzeugungen ist.

 

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