Der Maler und das UFO

Nicholas Roerich, 1874 in St. Petersburg geboren, war schon als junger Mann ein anerkannter Künstler. Nach der Revolution von 1917 gingen er und seine Frau Helena in die USA und reisten im Dezember 1923 nach Bombay (heute Mumbai). Dann unternahmen sie vier Jahre ausgedehnte Expeditionen in der Himalaya-Region, wo sie 1926 auch einen unbekannten Flugkörper sichteten. 

In meinen Unterlagen bin ich darauf gestoßen. In Halluzinationen und Grenzerfahrungen im Alpinismus hatte ich 1999 die Stelle erwähnt aus Roerichs Buch Himalayas — Abode of Light, veröffentlicht in seinem Todesjahr 1947:

DSCN2233Etwas Bemerkenswertes! Am Morgen nahmen einige unseer Karawanenhelfer einen außerordentlich großen schwarzen Adler wahr, der über uns dahinflog. Sieben von uns beobachteten diesen ungewöhnlichen Vogel. In diesem Augenblick rief ein anderer aus unserer Karawane: »Da ist noch etwas über dem Vogel.« Wir alle sahen etwas Großes und Leuchtendes, das die Sonne reflektierte, wie ein großes Oval, das sich mit hoher Geschwindigkeit bewegte. Als es unser Lager überquerte, änderte das Ding seine Richtung von Süd nach Südwest. Und wir sahen, wie es am intensiven blauen Himmel verschwand. Wir hatten sogar die Zeit, unsere Feldstecher aufzunehmen und nahmen recht klar umrissen eine ovale Form mit leuchtender Oberfläche wahr, von der eine Seite von der Sonne schimmerte.

255px-N_Roerich_(cropped)_(cropped)Das ganze Lager habe die Erscheinung verfolgt, und die Lamas hätten geflüstert: »Das Zeichen von Shambhala!« Das ist ein mythisches Königreich in Zentralasien, das dereinst zum Zentrum einer neuen Weltordnung werden soll wie das himmlische Jerusalem von Christen und Juden. Die Sichtung des UFOs geschah 1926, viele erlebten sie mit (das ist ungewöhnlich), und schnelle Flugzeuge gab es seinerzeit nicht. 1913 wurde die erste Alpenüberquerung verzeichnet, und 1919 schafften zwei Piloten mit einer Vickers nonstop den Atlantik; ihre durchschnittliche Geschwindigkeit betrug dabei 225 Kilometer pro Stunde.

400272Nicholas Roerich war vom Fernen Osten fasziniert. 1928 ließen er und seine Frau sich im Kulla-Tal nieder, das auf 2000 Meter Meereshöhe liegt und einen großartigen Ausblick bietet. Während der Expeditionen entstanden viele Bilder von den Bergen, die kraftvoll koloriert sind und von einer schlichten Schönheit.

Auch seine Frau (rechts im Bild; aus dem Bestand des Museums) war künstlerisch tätig, und sie unternahmen alles zusammen, so dass Roerich, der Frauen überhaupt sehr schätzte, einmal schrieb, unter seinem Werk müssten eigentlich ihrer beider Namen stehen. Er malte die großen Religionsgründer und war persönlich von der Theosophie eingenommen, die Helena Blavatsky ins Leben gerufen hatte. 1935 gewann der russische Maler viele Persönlichkeiten für seinen Plan, in Kriegszeiten Kunstwerke und wichtige Bauwerke zu schonen: den Roerich-Pakt, dessen Motto Pax Cultura lautete, Frieden durch Kultur. Nicholas Roerich hoffte stets auf eine bessere Welt und appellierte:

Lasst uns vereint sein — und ihr werdet fragen, wie? Ihr werdet mit mir übereinstimmen: auf die einfachste Art, indem wir eine gemeinsame und ernsthafte Sprache erschaffen. Vielleicht in Schönheit und Wissen.

Das Nicholas Roerich Museum in New York zeigt 240 Bilder und viele Zeichnungen, außerdem eine Menge Material über das Leben des Künstlerpaars. Die Seite des Museums gefällt mir überaus gut; sie ist übersichtlich (und nicht aufgeblasen mit viel Zwischenraum wie andere heute), bietet viel Text, und das Hin- und Herklicken funktioniert einwandfrei. In Diashows kann man 150 Gemälde begutachten und viel über den Meister lesen. Es ist immer von 12 bis 16 Uhr geöffnet, und der Direktor erlaubt die Verwendung der Bilder für nichtkommerzielle Zwecke. Morgen schauen wir uns zum Ende des Monats ein paar an.

 

Die Illustration oben: eine Wolke über dem Rebland (2010)

 

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