Velozipedisches

Unser Veloziped! Von einer Fahrradtour will man auch übers Rad und Radfahrer schreiben; ach, recht bedacht war es eine kleine Tour, 5 Tage mit 450 Kilometern (aber 5 manipogo-Beiträge, ordentlich!), doch man trifft andere auf dem Zweirad, und so fange ich mal an zu erzählen. Übrigens schreibt François Cauderay aus Rehetobel zum Schluss einer Mail immer: Mit velozipedalen Grüssen. Stilvoll ist das.

Solo-Radfahrer sind immer sympathisch. Neben Klaus traf ich in L’Isle-sur-le-Doubs noch einen in Bern lebenden Radler meines Alters, der sein Gepäck auf einem kleinen Anhänger mit sich führte. Dann fühlt man ich etwas freier, nur am Berg wird’s natürlich schwer. A propos Berg: Ich wollte von Quingey zum Neufchateler See, nach Yverdon. Dachte mir, dass es etwas raufgehen würde und dann bald wieder runter. Es ging aber andauernd rauf, den ganzen Tag, und das ist schon demoralisierend. Eine Schlucht ging es hoch, immer höher bis Pontarlier, und dann weiter hoch bis Sainte Croix, bis auf 1155 Meter! Das ist der Jura, den man überwinden muss, der zwischen Südostfrankreich und der Schweiz liegt. Ich fuhr also fluchend die 40 Kilo hoch, mit 2 Croissants, 3 Bananen und ein paar Litern Wasser.

Auf dem Campingplatz in Yverdon traf ich Ralf, der ein Lastenrad bewegte mit Verstärker, Mikrofonständer und Gitarre. Verrückt! Damit wollte er über die Berge nach Südfrankreich und mit der Fähre nach Mallorca, wo er ein Mädel kennengelernt hatte. Die Liebe verleiht bekanntlich Flügel, hoffentlich aber auch Bärenkräfte, die er eher gebraucht haben wird.
SDC10987Zwischendurch darf es auch mal ein Foto vom Autor sein, wofür Klaus verantwortlich zeichnete.
IMG_20220612_091443Zurück zum Weg entlang dem Fluss Doubs. Es ist der EuroVelo-Radweg Nummer 6, und in Mulhouse steht ein Schild, das ankündigt: Nantes 1287 km. Wenn man nicht viele Pausen macht, kann man das in zwei Wochen machen. Dann ist man am Atlantik und hat kaum Begegnungen mit Autos. Es gibt viele Campingplätze, und EuroVelo 6 ist gut ausgezeichnet. Viele Radfahrer sind auf ihm unterwegs, auch viele Rennradler, die ich natürlich beneidete: Nur Fliegen ist schöner, so bewarb BMW vor 60 Jahren seine Sportwagen. Noch ein Bild: vor der Einfahrt in den Tunnel mit Kanal, eine Art Ausfallstraße, um die Stadt Besançon vermeiden zu können.
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Nach der Tour begab ich mich nach Zürich und fuhr ein wenig mit dem Rennrad herum. Für Freitag 24. Juni sollte unser Verein in Rehetobel (der Old Bicycle Fan Club) eine Abordnung stellen, um mit historischen Fahrrädern die Eröffnung des Kantonalen Musikfests in Appenzell (Heiden) zu begleiten. Es regnete den ganzen Tag. Ich fuhr trotzdem hin.

Die Tür unseres Museums war nur angelehnt, ich trat ein — und da saßen sie um einen Tisch bei einem kleinen Bier, die ich 3 Jahre nicht gesehen hatte: Dani, Marcel, Wally, Peter und François. Da passte ich hin. Große Freude! Der Umzug war abgesagt: Gewitterwarnung. Sehr gut. Viel Spaß macht es nicht, bei Regen durchs schöne Heiden zu rollen. Im Museum ist viel umgebaut worden: eine Toilette, viel Holz, neue Türen, neues Portal … Ich machte oben im Ausstellungsraum des ehemaligen Feuerwehrhauses ein paar (wie immer schlechte) Aufnahmen.
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Das Thema der aktuellen Ausstellung war: Fahrradvereine in der Schweiz vor 110 Jahren. Gegen Abend sah ich noch unsere Rennrad-Sammlung in einem extra Raum. Das ist die Reichmuth-Sammlung, benannt nach einem Mäzen, der ein Fahrradgeschäft am Zürisee hatte und herumreiste, um spektakuläre Rennräder zu kaufen. Es mögen 100 sein, und darunter sind Zeitfahrmaschinen und solche, mit denen die Tour de Suisse gewonnen wurde. (Leider sind meine Fotos unscharf.)
Dann lieh mir François nach das Buch Im Seitenwind von Urs Zimmermann, nach seinem Urteil eines der schrägsten Fahrradbücher überhaupt. Ihr werdet davon lesen! »Zimmi« setzte 1986 den unbesiegbar scheinenden Bernard Hinault unter Druck und wurde Dritter der »Tour« — was die Wikipedia in ihrem Artikel über ihn nicht kapierte und Zimmermanns größten Erfolg verschwieg.

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