Anweisung zum seligen Leben

Johann Gottlieb Fichte (1762-1814) war ein bedeutender deutscher Philosoph und vertrat den Idealismus. Er ging davon aus, dass der Mensch zur Selbsterkenntnis begabt sei und auch das absolute Ich (das Sein oder Gott) erkennen könne. Das Ich ist und setze sein »Seyn«, sei zugleich das Handelnde und das Produkt der Handlung; und das war schon der Vorläufer eines Denkens, das dem Bewusstsein Vorrang vor allem einräumt. 

Mit der Anweisung zum seligen Leben begann Fichte 1806 eine Vorlesung; damals war er Professor in Erlangen.

Das Leben ist selber die Seligkeit, sagte ich. Anders kann es nicht sein; denn das Leben ist Liebe, und die ganze Form und Kraft des Lebens bnesteht in der Liebe und entsteht aus der Liebe.

Ich habe durch das soeben Gesagte einen der tiefsten Sätze der Erkenntnis ausgesprochen; der jedoch, meines Erachtens, jeder nur wahrhaft zusammengefassten und angestrengten Aufmerksamkeit auf der Stelle klar und einleuchtend werden kann. Die Liebe teilet das an sich tote Sein gleichsam in ein zweimaliges Sein, dasselbe vor sich hinstellend, — und macht es dadurch zu einem Ich oder Selbst, das sich anschaut, und von sich weiß, in welcher Ichheit die Wurzel allen Lebens ruhe. Wiederum vereiniget und verbindet innigst die Liebe das geteilte Ich, das ohne Liebe nur kalt und ohne alles Interesse sich anschauen würde.

Diese letztere Einheit, in der dadurch nicht aufgehobenen, sondern ewig bleibenden Zweiheit ist nun eben das Leben; wie jedem, der die aufgegebenen Begriffe nur scharf denken und aneinanderhalten will, auf der Stelle einleuchten muss. Nun ist die Liebe ferner Zufriedenheit mit sich selbst, Freude an sich selbst, Genuss ihrer selbst, und also Seligkeit, und so ist klar, dass Leben, Liebe und Seligkeit schlechthin Eins sind und dasselbe.  

LOVEUSB

 

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