12.000 Kilometer, 110 Tage, 19 Länder
Vorgestern kamen mir auf meiner Straße auf dem Land Armando Basile und seine Partnerin Helga entgegen. Wir waren natürlich alle drei mit dem Rad unterwegs. Armando hatte ich vier Monate nicht gesehen. Kein Wunder: Er war seit Juni fort, und erst jetzt wissen wir, wo er war und was er tat. Die Antwort darauf steht in der Überschrift.
Armando ist braungebrannt und sieht gut aus wie immer. Auf der langen Reise musste er öfter seinen Pass vorzeigen, weil ihm niemand glauben wollte, dass er schon 75 Jahre alt sei. Immer noch schläft er im Zelt. Er lässt sich aber auch gern einladen, wie geschehen in einigen der 19 Länder. Wir alle haben also ruhig dahingelebt und die Hitze ausgestanden; er fuhr und fuhr und fuhr, im Durchschnitt 100 Kilometer am Tag, und wer das Buch über den Eine Million Kilometer Mann gelesen hat, weiß, dass unter 100 bei ihm gar nichts geht. Über 100 Kilometer am Tag ist gewöhnliches Training; weniger zu fahren hat bei ihm meist übernatürliche Gründe: einen Wirbelsturm oder eine Heuschreckenplage zum Beispiel.
Armandos Reise lässt sich leicht beschreiben. Hier in der Region fährt er gern ein Oval: linksrheinich hoch nach Straßburg, rechtsrheinisch wieder hinunter bis Basel; und durch Frankreich zurück. Dies hat er nun im europäischen Maßstab wiederholt. Er fuhr durch Deutschland, Dänemark und Norwegen hoch bis zum Nordkap und setzte die Reise in südöstlicher Richtung fort. Hinunter durch Finnland, das Baltikum und Polen ging es, sich zehn Kilometer der Grenze zur Ukraine nähernd, über den Balkan nach Athen, mit der Fähre nach Italien (Ancona) und über Norditalien und Monaco zurück.
Unser Buch ist vor knapp zwei Jahren erschienen, und nun dürfte er sich schon den 1,5 Millionen Fahrradkilometern nähern. Weiter so! (Er erzählte von seiner Ankunft irgendwo, und das endete immer mit zwei Wörtern: »… und weiter«. Und weiter. Das Leben ist eine Pilgerfahrt.)
Ich indessen bin dieses Jahr wenig gefahren. Immer nur 30 Kilometer, doch renne ich im Altenheim viel, Treppen auf und ab, hinaus und herum, ich habe Bewegung! In Kalabrien habe ich mir ein Rad ausgeliehen (ein 29-er mit Federung) und bin 20 Kilometer an der Küste entlang und 20 Kilometer hoch nach Vibo Valentia, um die Stadt kennenzulernen. Viel Müll liegt neben den Landstraßen, das wollen wir nicht verschweigen. In Tropea standen Fahrräder als Dekoration in der Stadt, und so stellte ich mich aus Solidarität zu ihnen.