Paella im Altenheim

Ende Septembar, an einem Dienstagvormittag, war wieder meine große Stunde gekommen. Ich sollte im Pflegeheim etwas kochen, da meine Kollegin Urlaub hatte. 10 bis 12 Portionen müssen entstehen, und 6 bis 8 Bewohnerinnen und Bewohner helfen mit. Da steht immer die Frage im Raum: Wird es klappen? Wird es schmecken? Kriegen wir das hin? 

SDC11155Alle finden es putzig, wenn ein Mann kocht. Ich bin natürlich aufgeregt. Doch mit den Helferinnen kann es nicht schiefgehen. Ich hatte mir Paella vorgenommen, das ist nicht zu schwer, außerdem hätten meine Mitarbeiterinnen was zu tun, denn viel Gemüse und Fleisch müsste kleingeschnitten werden. Wir arbeiten im ersten Stock, haben zwei Kochplatten, und immer wieder schauen eine Pflegerin oder die Küchenchefin vorbei, weil sie neugierig sind.  (Rechts, unscharf, vier meiner Mitarbeiterinnen.)

Für 10 Portionen kaufte ich also zwei rote und zwei gelbe Paprikaschoten, eine Zucchini, 2 Tomaten, 3 Zwiebeln, 6 Bananen (fürs Dessert; Eis war im Gefrierfach), 1,2 Kilo Hühnerbrust und 800 Gramm Schellfisch. Wichtig natürlich: der Reis. Ein Rundkornreis muss es sein, am besten ein Risotto-Reis aus Italien, da der spezielle Paella-Reis selten angeboten wird. Ich nahm 2 Packungen zu insgesamt 750 Gramm, aber 500 Gramm reichen, unsere Leute essen nicht so viel, und es ist ja was drin in der Paella.

SDC11154Schnell schnitten sie alles klein, und ich heftete eine Spanien-Karte an die Wand und deutete auf Madrid, Barcelona, Granada. Jemand rief: »Saragossa!« Fand ich auch. Den Anfang fand ich nur schwierig. Beim Kochen müssen Entscheidungen fallen, das weiß ich, doch das fällt mir schwer. Doch dann schlagen wir los: Zwiebeln ins Öl, die Stücke Hühnerbrust anbraten, bis sie weiß sind; in den zweiten Topf das Gemüse schütten, einen Topf  Gemüsebrühe lieferte die Küche, und dann einen Teil des Gemüses von Topf zwei in Topf eins, das Fleisch auf beide Töpfe verteilen, in jeden Topf 250 Gramm Reis kippen, Brühe drauf und warten. Es heißt, man solle nicht umrühren.  (Links: Da hat mich ein Kollege überraschend aufgenommen.)

Die echte Paella kommt aus Valencia an der Ostküste der Iberischen Halbinsel, wo die Menschen ihren eigenen Dialekt sprechen. Wie in Italien (und in Deutschland) ist das Gebilde, das Spanien heißt, zusammengesetzt aus vielen Regionen mit vielen Dialekten. Man denke nur an die Andalusier, die Basken, die Katalanen und die Leute von La Mancha. Darum wäre der Ausdruck eine spanische Paella falsch. In die ursprüngliche Paella kommen auch Meeresfrüchte, manchmal Kaninchenfleisch und wer weiß noch was alles. Rezepte gibt es im Internet Hunderte. An denen habe ich mich orientiert. In der Nähe von Valencia wurde etwa der Schriftsteller Rafael Chirbes geboren, lebte und starb dort, von dem wir Am Mittelmeer kennengelernt haben.

SDC11156Wichtig auch: das Timing. (Rob Gentile: »Das war God’s Timing: alles stimmte!«) Nicht zu spät anfangen, weil um zwölf Uhr das Essen fertig sein soll.  Es ging auch alles gut. Ich fügte noch reichlich Kurkuma hinzu, damit die Paella wie gewünscht eine gelbe Farbe annahm (zu der schon gut die gelben Paprikaschoten beigetragen hatten). Der Reis sog sich schön voll, das Fleisch war noch gut zu kauen, nur der Fisch war untergegangen.

Also Teller und Besteck auf den Tisch, sieben Portionen verteilen und zwei vorbereiten, die ich zwei Bewohnern ins Zimmer brachte. Dazu Banenenstücke mit Vanille-Eis. Hat allen geschmeckt, alle haben’s gelobt, es roch gut, und … vergangene Woche versuchte ich’s nochmal, mit einer Gemüsepfanne, und auch das war ein Erfolg. Anfang November sollen es Weißwürste mit Brezeln und süßem Senf sein, dazu Krautsalat und (alkoholfreies) Bier. Werd scho wer’n!

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