TestpilotInnen (24): Peter Cummings
Vor vier Monaten ließ sich der Pathologe Peter Cummings über seine Nahtod-Erfahrung von der US-Nahtodvereinigung IANDS interviewen. Vor dreieinhalb Jahren wäre er beinahe ertrunken, nahm es zunächst nicht ernst, doch die Folgen zeigten sich später …
Peter Cummings ist temperamentvoll und wirkt wie ein junger Mann von 30. Doch anscheinend geht er auf die 50 zu und ist seit 26 Jahren mit seiner Frau zusammen. Er arbeitete in einem großen Krankenhaus in Boston, zerschnitt Tausende Gehirne, hielt Vorlesungen, schrieb Bücher, hatte einen dichten Zeitplan. Dann unternahm er mit seiner Frau eine Reise nach Costra Rica, wo sie an einem gefährlichen Gewässer Rafting betrieben. Sein Kanu schlug um, er tauchte unter, kam wieder hoch; doch dann zog ihn irgendetwas nach unten, und er erinnerte sich, wie er in völliger Klarheit dachte: »Ich ertrinke. Es geht zu Ende.«
Dann kam das Licht. Es war plötzlich da, um ihn herum. Plötzlich fühlte er den Frieden und konnte alles sehen, hatte den 360-Grad-Blick. Cummings sah und wusste auch alles: dass seine Frau in Sicherheit war und der Sohn im anderen Boot saß, und es überspülte ihn diese gigantische Liebe, und eine Stimme sagte: »Alles ist okay. Alles wird okay sein. Du machst das großartig.« Und eine andere Stimme mahnte ihn: »Halt den Atem an, wie du es als Kind versucht hast. Du musst deinen Rekord brechen!«
Und dann konnte er ein Paddel zu fassen kriegen, kam hoch und wurde von jemandem wieder ins Kanu gezogen. Der Urlaub ging weiter, Peter Cummings maß dem Erlebnis nicht viel bei. Allerdings sagte ihm seine Apple-Watch, es habe bei ihm acht Minuten lang keine Herztätigkleit gegeben. Man weiß, dass beim Ertrinken oder bei Unterkühlung der Körper in den Sparmodus geht, dass manchmal Hirnschäden ausbleiben, die normalerweise nach fünf Minuten ohne Herzschlag auftreten.
Der Pathologe kehrte zurück. Er bekam Probeme mit der Zeit, verzettelte sich, verplauderte sich, verpasste Zuganschlüsse und kam zu spät zu Vorlesungen, was er auf die Tatsache zurückführte, dass sein Gehirn zu wenig Sauerstoff gehabt hatte. Beunruhigend war indessen, dass er das Klima in der intensiven akademischen Atmosphäre in Boston nicht mehr aushielt. Und wenn er seine Geschichte erzählen wollte, sagte der Gesprächspartner: Schon gut, gehen wir ein Bierchen trinken. Erst ein Artikel über die sechs großen Herausforderungen nach einer Nahtoderfahrung (von Yolaine M. Stout und anderen) half ihm: 75 Prozent der Zeugen haben Probleme mit dem Lebensstil, den sie früher führten. Andere Werte werden wichtiger.
Am Ende zog Peter Cummings seine Folgerung:
Der Wert liegt im HIER. Was ist der Sinn von Musik? Er ist, zuzuhören, und der Wert des Lebens liegt im leben. Das half mir dabei, mit mir und meiner Rolle zurechtzukommen. … Wir in der evidenzbasierten Medizin sterilisieren den Tod, versuchen ihn zu vermeiden, … Wir erfahren den Tod nicht, wir halten ihn hinter einem Vorhang. … und so können wir die Transformation nicht feiern, die sich vollzieht. … Die schlimme Phase beim Sterben dauert einen Augenblick, doch danach ist es wunderschön, man muss sich keine Sorgen machen. … Du musst da sein, wo du bist, und da bin ich derzeit.